Die Concertante – eine Beziehungsgeschichte

FESTSPIELE / MOZART-MATINEE / ANTONINI

12/08/18 Das Publikum liebt seinen Mozart, er scheint verständlich, gemütserhellend – und danach kann man ohne Bauchgrimmen Mittagessen gehen. Deshalb sind die Mozart-Matineen ein Verkaufsschlager. Manchmal knöpft aber einer Mozart die reine Schönheit ab, und dann wird’s interessant.

Von Christiane Keckeis

Wie aufregend umwälzend das sein kann, wenn man quasi in barocker Direktheit musiziert, das zeigte an diesem Wochenende (11./12.8.) das hervorragend disponierte Mozarteumorchester unter der Leitung des charismatischen italienischen Barockspezialisten Giovanni Antonini. Kurz und ausdrucksstark kommen Mozarts Zwischenaktmusiken und die Schlussmusik zu dem Schauspiel „Thamos, König in Ägypten“ daher. Mit dem barocken Blick auf Kontraste leuchtet das Orchester jede Facette aus. Die Geigen beispielsweise können ganz fein ziselieren um ein paar Momente später mit kantigstem Strich das Unheil anzukündigen. Schroff wirkt das, dramatisch, ohne Euphemismen, manchmal fast verrückt: ein stilistischer Grenzgang mit Mozarts Musik, der fesselt.

Auch in der Ouverüre zu „Lucio Silla“ verzichtet Antonini immer wieder auf Eleganz zugunsten von rauer, fast expressionistischer Tongebung, erzeugt starke Bilder zwischen Licht und Schatten. Es gibt nichts Harmloses, oft unvermutet bricht die Verzweiflung herein.

Köstlich lebendig, mit Sinn für Augenzwinkern und Humor Haydns Symphonie Es-Dur „Mit dem Paukenwirbel“. Nicht nur die Pauke (endlich einmal) kommt solistisch zum Zuge, Haydn verschafft in diesem spielerischen Werk viele solistische Möglichkeiten: von den Holzbläsern bis zum Konzertmeister (Frank Stadler) bekommen alle ihren Auftritt, und sie nutzen es mit Spielfreude und Virtuosität. Durchsichtigkeit, Spannunghalten auch im ausgeloteten Adagio, die Bedeutung von Pausen – es sind viele Details, mit denen Antonini die Ohren kitzelt.

Als Herzstück des Programms berührt Mozarts Sinfonia concertante für Violine, Viola und Orchester vor der Pause. Vilde Frang, die kreative norwegische Geigerin, und Lawrence Power, der britische Bratschist, gestalten einen Dialog, der eine Beziehungsgeschichte erzählen könnte. Der feine intensiv innige und (wenn man das Klischee bedienen will) weibliche Ton Frangs diskutiert, kämpft, zickt, lehnt sich an und auf, schmeichelt, weint still, während Powers viril männliches Spiel dagegenhält, verspielt ausweicht, an der Oberfläche zu bleiben versucht, um dann wieder in abgrundtiefe Trauer zu stürzen und um die dialogische Oberhand zu kämpfen. So oder so ähnlich könnte man das Mysterium, das sich zwischen den beiden Spielern entwickelt, beschreiben. Objektiv engagieren sich zwei virtuose Solisten mit sensibler Unterstützung des Orchesters, beide musizieren mit allen möglichen zur Verfügung stehenden Farben ihres Instruments und kammermusikalisch in perfekter Abstimmung einen stilistisch einwandfreien Mozart.

Die Begeisterung des Publikums lockte eine entzückende musikkaberettistische hochvirtuose Zugabe heraus: nach Tausch der Instrumente versuchten sich Vilde Frang (an der Bratsche) und Lawrence Power (an der Geige) an Mozarts „Ah vous dirai-je Maman“-Variationen, um dann nach einigem (gewollten) Stottern doch mit dem jeweils eigenen Instrument charmant und verschmitzt ein stupendes fröhliches Kabinettstückchen hinzulegen. Großer Jubel.

Bilder: Salzburger Festspiele / Marco Borrelli