Enormer Hirten-Zulauf
SALZBURG MUSEUM / KRIPPENAUSSTELLUNG
20/11/14 Bei Gott Junior führt man sich nicht mit einem alten Suppenhuhn ein. Einem Volkskundler wird warm ums Herz, wenn er in einer typischen Salzkammergut-Krippe dem „Naz mit der Budahenn“ begegnet oder einer weiblichen Figur, die mit einer „Weisathenn“ in Richtung Krippe eilt.
Von Reinhard Kriechbaum
Für Leute, die nicht so nah am Volksmund sind, besteht Erklärungsbedarf: Die „Budahenn“ verspricht kulinarischen Genuss. So weich wie Butter wird ihr Fleisch sein. Hinter der „Weisathenn“ verbirgt sich ein Brauch. Als „Weisen“ bezeichnet man das Überbringen von Geschenken, an ein Brautpaar zum Beispiel, aber auch an eine Frau, die soeben geboren hat. Die Adressatin der „Weisathenn“ ist also die Gottesmutter Maria.
Die Wurzelkrippe aus Traunkirchen ist das zentrale Schaustück der diesjährigen Krippenausstellung im Salzburg Museum, diesmal in der Säulenhalle. Aus 515 Einzelteilen besteht sie, darunter 102 Menschenfiguren, 63 Tiere, 169 Bäume (auch sie aus Holz geschnitzt). Die 138 weiß gekalkten Wurzelstücke haben dem Riesending den Namen gegeben. Die weißen Wurzeln sollen an Felswände erinnern. Das Moos muss man beim Aufstellen der Riesenkrippe (vier bis fünf Meter breit, bis zu zwei Meter tief) natürlich frisch besorgen. Grün ist wichtig, weil angeblich stand ja plötzlich mitten im Winter alles in Blüte, als Jesus geboren wurde.
Den Titel „Kommet ihr Hirten…“ hat die Kuratorin Ernestine Hutter diesmal für die Krippenausstellung gewählt. Gerade im Salzkammergut hat man besonders viel Fantasie in die Hirtenfiguren investiert. „Nirgendwo gibt es so viele Hirten“, erklärt Ernestine Hutter. Die meisten haben Geschenke mit: Der „Lampötrager“ trägt ein junges Lamm auf den Schultern, der „Urbal mit der Leinwand“ hat Stoffballen dabei, auf dass das Jesuskind bald nicht mehr friere. Dass der Heiland in einer Krippe liegen muss, stößt dem „Wiegerltrager“ sauer auf. Er hat also eine Wiege mit.
Dass Hirten mit Weintrauben unterwegs sind, hat biblische Gründe. Andere Hirten-Typologien sind handfester. Die „Zwei Nachbarn“ diskutieren die Neuigkeit aus Bethlehem, und Kinder penzen, dass sie auch mitkommen dürfen zur Krippe: „Vada (uder Muata) lass mi a mitgeh‘“ ist eine der populärsten Figurengruppen der Salzkammergut-Krippen. Dort haben übrigens die Krippenbauer eine besondere Berufsbezeichnung, „Schnegerer“. Nirgendwo sonst im deutschen Sprachraum gibt es ein eigenes Wort für Krippenbauer.
Die Krippe aus Traunkirchen, zwischen 1888 und 1919 geschnitzt, wurde 1973 vom Museum angekauft und immer wieder aufgebaut, aber jetzt schon zwölf Jahre lang in Salzburg nicht gezeigt. Drumherum präsentiert man Gustostücke aus der Sammlung des Hauses. Da dürfen Stücke wie die Storch-Krippe nicht fehlen (Carl Storch war Karikaturist, und das schlägt auf die Figuren durch), natürlich auch nicht die Nähkastenkrippe der Laufener Schiffsleute und noch ein gutes Dutzend weiterer Prachtstücke vom Barock bis in die Gegenwart. Eine Krippe mit Wachsfiguren der Firma Weinkamer erinnert an dieses führende Unternehmen der Wachsbossierkunst in Serienfertigung. Nicht nur die Wachs-Schafe sind Spitzenerzeugnisse.
Auf der anderen Seite der Härteskala steht eine Knochenkrippe aus Maria Alm. Um 1800 wurden die Krippenfiguren aus Rinderknochen geschnitzt und in ein kleines Schaukästchen gestellt.