Kunst-Krimi um Mozart

STIFTUNG MOZARTEUM / MOZART-BILDER / BUCHTIPP

11/01/13 Das teuerste Mozartbild aller Zeiten ist eine Fälschung. Das berühmteste Porträt Mozarts war eigentlich fertig und wurde nachträglich vergrößert und damit erst zum „Fragment“ gemacht. Und eine Miniaturmalerei von 3 mal 2,5 Zentimetern wirft alles über den Haufen, was man über das Äußere Mozarts bisher zu wissen glaubte.

Von Heidemarie Klabacher

„Wie hat Mozart ausgesehen? Wir können die Frage nicht beantworten. Aber die Miniatur zeigt ein sehr ungeschönten Mozart. Wir müssen uns vielleicht dran gewöhnen, dass wir ein sehr geschöntes Mozart-Bild hatten.“ Das sagte Christoph Großpietsch, Musikwissenschaftler, Kunsthistoriker, Experte für Mozart-Porträts - und Herausgeber des Buches „Mozart-Bilder. Bilder Mozarts“ das heute Freitag (11.1.) bei der Stiftung Mozarteum präsentiert wurde.

Die Miniatur, von der Christoph Großpietsch spricht, ist ein ovales Elfenbeinmedaillon mit Messingrahmen auf einer dunkelbraunen Tabaksdose aus glänzendem Schildpatt. Bei der Pressekonferenz lag die Kostbarkeit in einer historischen Vitrine und wurde schwer bewacht - von einem strengen Herrn in weißen Handschuhen. Eigentlich ist es ja völlig egal, wie Mozart ausgesehen hat. Dennoch ist es faszinierend, was die Expertinnen und Experten der Stiftung Mozarteum in beinahe kriminalistischer Manier ausfindig gemacht haben.

Tatsächlich hat der grauhaarige Wuschelkopf mit den molligen Wangen und der gemütlichen Nase wenig Gemeinsamkeiten mit dem herrisch blickenden Herrn mit rotem Rock und strenger Perücke, den man gemeinhin als Mozart im Kopf hat (ganz zu schweigen, von dem Lackaffen auf den Mozartkugeln).

Die Dose samt Medaillon und Zettel mit der Aufschrift „Joh: Mozart 1783“ ist zwar bereits seit dem Jahre 1956 im Besitz der Stiftung, doch die Erkenntnisse sind ganz aktuell, denn die Stiftung eröffnet nächste Woche eine Ausstellung zum Thema „Mozart-Bilder“: „Im Zuge der Aufarbeitung sämtlicher Dokumente und Quellen konnte dieses Porträt nun eindeutig als Mozartbildnis von 1783 identifiziert werden“, berichtete Gabriele Ramsauer, die Leiterin der Mozartmuseen Geburts- und Wohnhaus. Man habe in einer lückenlosen Besitzkette alle Vorbesitzer ausfindig machen können. Die kleine Sensation dabei: Mozart selber hat die Dose zehn Jahre lang besessen und benützt – und war mit dem Bruder des Malers befreundet…

„Bisher musste das kleine Porträt auf der Tabakdose immer mit einem großen Fragezeichen versehen werden. Nun ist es sicher: Es zeigt ein Porträt des Komponisten Wolfgang Amadeus Mozart“, betont Gabriele Ramsauer. Zudem sei es das einzige Porträt, auf dem Mozart nach 1781 „en face“ dargestellt wird, alle anderen Porträts zeigen den Komponisten im Profil.

Es gibt übrigens weltweit 14 „authentische“ Mozart-Porträts. Zwölf davon sind im Besitz der Stiftung Mozarteum. Zwölf Kunst-Transaktionen waren das – und einmal ist die Stiftung dabei so richtig betrogen worden. Da sei man einem ausgemachten Betrug aufgesessen und habe einen Millionenbetrag – allerdings in „Inflationswährung“  – für eine Fälschung ausgegeben. Die Rede ist von dem anonymen Ölbild „Knabe mit dem Vogelnest“ angeblich aus 1764: „Zweifel, ob auf dem Bild Mozart dargestellt ist gab es schon längere Zeit. Nun ist es sicher“, berichtete Gabriele Ramsauer. „Der Knabe auf dem Bild mit dem Vogelnest ist nicht Mozart.“

Die Aufschrift „W.A. Mozart 1764“ sei später hinzugefügt worden. Die Alarmglocken hätten schon damals schrillen müssen: Denn die Benennung „W.A. Mozart“ sei zu dieser Zeit noch längst nicht üblich gewesen. „Das ist eine moderne Bezeichnung.“ Jedenfalls wurde der Knabe mit dem Vogelnest (ohnehin ein seltsames Attribut für ein musikalisches komponierendes Wunderkind) der Stiftung Mozarteum 1924/25 angedreht, mit der Erpressung im Hintergrund, es werde sonst „nach Amerika“ verkauft.

Erst jüngst ist ein Restaurierungsbericht aus dem Jahr 1928 aufgetaucht, der eindeutig dokumentiert, dass die Aufschrift auf dem Original noch nicht vorhanden war. Gabriele Ramsauer erzählt ein wenig Kriminalgeschichte: „Auftraggeber der Graphik war derselbe Kunsthändler, der das Porträt des 'Knaben mit dem Vogelnest' an die Stiftung verkaufte. Auch der ursprünglich angenommene Maler Joseph Zoffany (1733-1810) hat sich durch eine kürzlich vorgenommene Untersuchung von Experten als falsch erwiesen.“ Der Knabe ist also keineswegs der junge Mozart, sondern ein junger englischer Adeliger.

Das wohl seltsamste Kapitel in der Geschichte „Mozart-Bilder. Bilder Mozarts“ betrifft das berühmte „unvollendete“ Mozart-Bild aus 1789 von Johann Joseph Lange, dem Schwager Mozarts. Das ist das Bild mit dem großen weißen Fleck im unteren Teil. Für die Erforschung dieses Bildes haben die Expertinnen und Experten von der Stiftung mit den Experten des Doerner Institut der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen zusammengearbeitet.

Das Bild wurde geradezu kriminaltechnisch untersucht (weitere Untersuchungen, vor allem des Materials werden nach der Ausstellung in aller Ruhe noch folgen) noch folgen. Die vorläufige Bilanz der Leiterin der Stiftungsmuseen: „Joseph Lange malte das Profil seines Schwagers 1789. Radiologische Untersuchungen ergaben jetzt, dass das berühmte unvollendete Porträt zu Zeiten Mozarts sehr wahrscheinlich vollendet war. Ein kleinerer hochrechteckiger Mittelteil mit Kopf, Hals und Schulterpartie Mozarts wurde auf einer zweiten Leinwand aufgeklebt. Die Seitenflächen wurden, um den Niveauunterschied auszugleichen, mit Bleiweiß grundiert und mit einer weiteren Leinwand belegt. Erst anschließend können die nun auf dem Bild sichtbaren ‚unvollendeten’ Partien ausgeführt worden sein.“ Warum das Ganze? „Das haben wir noch nicht herausgefunden.“

Christoph Großpietsch: Mozart-Bilder. Bilder Mozarts. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2012. 142 Seiten, 19 Euro.
Ausstellung: Mozart-Bilder – Bilder Mozarts: 25. Jänner bis 14. April - Mozart-Wohnhaus - www.mozarteum.at
Bilder: ISM (2)/dpk-klaba (2)