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Warum klingelt das Filzmooser Kindl?

DOMMUSEUM / WEIHNACHTSAUSSTELLUNG

03/12/12 „Ist der hässlich.“ Der fast einen Meter große Jesusknabe irritiert. Künstlerisch ist gegen den triumphierenden Rabauken nichts einzuwenden. Er ist einfach zu groß. Wie niedlich dagegen das Jesuskind daneben: Es tritt mit flatternder Schärpe ebenfalls als Triumphator auf und packt die Weltenkugel geschickt beim Krawattl - ist aber selbst mit Sockel grad spannengroß.

Von Heidemarie Klabacher

Dass die Künstler quer durch die Jahrhunderte bei der Darstellung des neu geborenen Jesusknaben den auferstandenen Weltenretter gleich mitgedacht haben, ist theologisch stimmig. Aber ein Jesuskind, selbst wenn es in der Pose des Auferstandenen daherkommt,  muss „niedlich“ sein. Wie eben das „Jesuskind als Weltenherrscher“ aus dem Stift Mattsee anno 1750.

Das also stört an dem Riesen-Jesus aus 1620! „Jesuskind-Figuren sind meist eher klein. Sie wurden fast immer für den Haus- und Privatgebrauch gemacht. Nur selten findet man Christkind-Darstellungen an Altären. Diese große Figur aus Abtenau ist eine Ausnahme.“ Das verrät Peter Keller, der Leiter des Dommuseums, exklusiv den Journalisten bei der Pressebesichtigung.

Dem „Normalbesucher“ wird niemand solcherart auf die Sprünge helfen. Keine Geschichten, schon gar keine G’schichtln. Nicht einmal die Legende vom „Filzmooser Kindl“ wird erzählt. Gäste aus den USA, aus China oder Russland (oder auch gewöhnliche urbane Salzburger ohne innige Beziehung zur Volksfrömmigkeit) werden sich dann also über die klobige Vitrine beugen und mehrere kleinformatige Druckgrafiken betrachten, darunter ein rot bemänteltes Figürchen mit Heiligenschein. An seiner rechten Hand baumelt ein Glöcklein. Wer kennt die dahinter stehende Geschichte?

Vielleicht rechnet man im Dommuseum ja auch gar nicht mit Gästen. Die lieblose Konzeption legt den Gedanken nahe. Es ist nicht das erste Mal, dass im Dommuseum die tollsten Themen verschenkt werden. Die Sonderausstellung „Freue Dich, Christkind kommt bald!“ hinkt ihrem poetischen Titel weit hinterher. Und das liegt keineswegs am Geld, das notgedrungen knapp ist für eine solche Schau.

Dass es auch in der Stadt Salzburg im Loreto-Kloster noch heute eine äußerst lebendige Jesuskind-Wallfahrt gibt, wissen Eingeweihte und Ur-Salzburger. Wem ist gewärtig, dass seit 1650 das etwa neun Zentimeter große elfenbeinerne „Loreto-Kindl“ an der Paris Lodron-Straße wohnt? Wer weiß, dass die Originalfigur verschiedenste mit Edelsteinen bestickte Gewänder besitzt? Wer weiß, dass die Pförtnerin den frommen Pilgern (und das sind nicht wenige) auf Verlangen eine „angerührte“ Kopie des Kindls aufs Haupt setzt?

Da hätte ein Museum also die Chance, solche lokalen Geschichten zu erzählen und lebendig zu halten – und tut es nicht. Zeigt lieber unkommentiert (!) ein „Loretokind im Kästchen“ oder ein „angerührtes Mäntelchen“. Ohne den Begriff „angerührt“ zu erklären.

Ganz nebenbei angemerkt: Einzelne Exponate der Dauerausstellung im Dommuseum sind von Weltrang. Leider stehen sie seit Jahrzehnten in Vitrinen, die den Charme von Kühlregalen im Supermarkt ausstrahlen. Im Falle der „Hostientaube“ stört derzeit auch noch ein buntes Schildchen den Blick auf die singuläre Emailarbeit aus dem frühen dreizehnten Jahrhundert. Das hat mit Museumspädagogik zu tun.

„Freue Dich, Christkind kommt bald!“ – bis 6. Jänner im Dommuseum – www.kirchen.net/dommuseum
Bilder: dpk-klaba
Ein paar Geschichten rund um Salzburger "Christkindln" kann man
im Buch "Weihnachtsbräuche in Österreich" von
Reinhard Kriechbaum nachlesen. - Zur Leseprobe


 

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