Spiegel im Spiegel

SALZBURG MUSEUM / RUDOLF HRADIL

03/02/11 Das ist nicht die größte - sicher aber eine der aufregendsten Ausstellungen im Salzburg Museum bisher: Gundl Hradil, die Witwe von Rudolf Hradil, hat dem Salzburg Museum das komplette Radierwerk Hradils geschenkt - zusammen mit den vorhandenen Druckplatten. Insgesamt sind es 357 Einzelsujets. Ein exklusiver Querschnitt wird in der Säulenhalle im Erdgeschoss des Salzburg Museum gezeigt.

Von Heidemarie Klabacher

altEs ist, als ob man einem Thomas Bernhard beim Dichten zuschauen dürfte! Tatsächlich gibt es auch ein Video, in dem man Rudolf Hradil im Wortsinn „auf die Finger“ schauen kann - mit der Feder in der Hand über Zeichenpapier oder mit einem Tuch über der fertigen Druckplatte. Aber beinahe noch tiefer hinein in das Werk führt die einzigartige Möglichkeit, den Abzug mit seiner Druckplatte zu vergleichen.alt

Vier Jahre nach Hradils Tod stehen diese Radierungen Mittelpunkt der  Sonderausstellung „Radierungen - Das Abenteuer des Strichs“, in der der Arbeitsweg von der ersten Skizze über die bearbeitete Druckplatte bis zum fertigen Blatt nachvollzogen werden kann. Gezeigt werden nur „Kaltnadelradierungen“ (da wird das Motiv in die Kupferplatte eingeritzt.)

Martin Gredler, der Leiter der grafischen Werkstätte im Traklhaus, hat die gesamte Serie neu durchgedruckt: „Was ein bescheidener Drucker eben machen kann, wenn er der Platte gegenübersteht.“ Die Blätter in der Säulenhalle hat also nicht Rudolf Hradil selber abgezogen.

altEs sei spannend, so Martin Gredler, die neuen Abzüge des Druckers mit den Ergebnissen des Künstlers zu vergleichen: „Hradil hat ja beinahe jede Platte noch während des Druckens verändert. Es ging ihm immer um das Bild, und nie um die immer gleiche Reproduktion.“ Was in der Säulenhalle zu sehen ist, sei „der letztmalige legale Abdruck“, der von den Platten gemacht worden ist.

altDie Platten seien versiegelt worden, es können keine weiteren Blätter mehr abgezogen werden. Auch die Blätter in der aktuellen Sonderausstellung werden mit Prägestempel gekennzeichnet werden - damit klar ist, dass das Neudrucke seien, erklärt Museumsdirektor Erich Marx, der mit seinem Team über die Schenkung Gundl Hradils überglücklich ist. „Ein solcher Einblick in den Schaffensprozess eines Künstlers ist einzigartig.“

altRudolf Hradil ist bekannt für seine Stadtansichten, die auch in der Säulenhalle dominieren. Von den berühmten Salzburg-Ansichten, „die das Bild von Salzburg in der Welt geprägt haben“, habe man bewusst nur eines ausgewählt, so der Kurator Nikolaus Schaffer. Dieses Blatt mit der charakteristischen Kuppellandschaft sei einem ähnlich aufgebauten Bild von Rom direkt gegenübergestellt worden.

„In der Technik der Radierung hatte Rudolf Hradil die ideale Umsetzungsmöglichkeit für sein Lieblingsthema, die leicht verfremdeten Stadtansichten, gefunden, die er mit Hilfe labyrinthischer Liniengespinste in Szene setzte.“

altTypisch für Hradil sei der „teils akrobatisch beschwingte, teils kratzbürstige Strich, der Charakteristisches nachzeichnet, aber auch ein munteres oder mutwilliges Eigenleben führt“.

Als Vorlage für seine Arbeiten dienten Hradil vorzugsweise die Metropolen London, Paris und Rom. Auch von Wien, Marseille, Istanbul, Messina, New York und Salzburg ließ er sich für seine Grafiken inspirieren. „Überall herrscht derselbe Zustand, dasselbe Durcheinander alter und neuer Elemente. Die eigenwilligen Blickwinkel und der unkonventionelle Umgang mit den künstlerischen Mitteln Linie und Farbe zeichnen Hradils Radierungen aus. Er nutzt die markanten Möglichkeiten der Verdichtung mit der farblichen Reduktion und der Kargheit des Striches. Tempelruinen, Kathedralen, Plastiktürme, Antennenwälder: Die Unansehnlichkeit der Vorstädte schaffte er, fast poetisch darzustellen. Gemeinsam mit Moldovan, Flora und Absolon gehört er zu den Erneuerern der österreichischen Zeichenkunst.“

www.salzburgmuseum.at - Bis 5. Juni
Bilder: dpk-klaba