Maria vom Laufsteg. Madonnen-Casting.
AUSSTELLUNGEN / MARIA LICHT IM MITTELALTER
03/05/19 Zwei Madonnen einander begegnend, die jeweiligen Anhänger im Schlepptau auf dem schmalen Wallfahrtsweg zwischen Pappeln drängelnd... Das ist „seinerzeit“ bei Prozessionen und Bittgängen durchaus vorgekommen. So ist es auch im Intstagram-Zeitalter nicht unmöglich, eine Marien-Ausstellung auf vier Standorte zu verteilen – und den BodyMaßIndex der Skulpturen zu vergleichen.
Von Heidemarie Klabacher
Das Bergbau- & Gotikmuseum Leogang, das Museum Schloss Ritzen Saalfelden und das Salzburg Museum – im Volkskunde Museum und in der Neuen Residenz – befassen sich der Gottesmutter. Natürlich nicht dogmatisch-mariologisch, sondern kunstgeschichtlich. Die Jungfrauengeburt wird nicht diskutiert. Sehr wohl aber die Qualität und Entwicklung der Mariendarstellung in Skulptur und Malerei. Heute Freitag (3.5.) wurde das dezentrale Marien-Casting von Vertreterinnen und Vertretern der einzelnen Standorte im Volkskundemuseum im Monatsschlössl in Hellbrunn präsentiert.
Eins ist sicher. So lange halten sich moderne Models nicht frisch! In Leogang stellen sich etwa die berühmte Löwenmadonna aus dem Jahr 1340 oder eine Salzburger Madonna im Weichen Stil ebenso den Jurys, wie etwa die Belegschaft des Rauriser Altar aus dem Letzten Jahrzehnt des fünfzehnten Jahrhunderts, der, aus eben diesem Jahrzehnt, die Heilige Maria im Ährenkleid. Diese beiden Kostbarkeiten gehören zu den wichtigsten Objekten aus der Sammlung des Salzburg Museums. Die verstörend ruhig und gefasst wirkende Frau im zentralen Altarbild ist keine abgehobene Himmelsgöttin, sondern jede Frau auf dieser Welt, die den Leichnam eines Sohnen in Armen halten muss.
Die bewegte Geschichte des Rauriser Flügelaltars, wird im Rahmen der Schau natürlich in Erinnerung gerufen: Zunächst war er als Kreuzaltar in der Kirche in Rauris aufgestellt, nach Stationen in der Barbara-Kapelle in Kolm-Saigurn und auf der Burg Finstergrün im Lungau tauchte der Altar 1991 bei einem Linzer Antiquitätenhändler auf und konnte mit Mitteln von Stadt und Land Salzburg, von Banken und durch eine Spendenaktion der Salzburger Bevölkerung nach Salzburg zurückgeholt werden. Es konnte auch belegt werden, dass dieses gute Stück tatsächlich aus Rauris stammt, wo in Urkunden des Jahres 1516 die Weihe eines Altars „in der Mitte der Kirche zu Ehren des heiligen Kreuzes und der 14 Nothelfer“ durch den Chiemseer Bischof Berthold Pürstinger dokumentiert ist.
Ährenkleidmadonnen, weitschichtige Verwandte der griechischen Göttin Ceres, die auch gerne mit einem Weizenhalm dargestellt wird, gibt es viele. Die in der Salzburger Schau präsentierte Heilige Maria im Ährenkleid wird dem Künstler Rueland Frueauf dem Älteren (1440–1507) zugeschrieben: Diese Madonna trägt die Weizenähren auf blauem bodenlangen feinen seidenem oder leinenem Gewande: Ein solch zeitloses Styling muss ein moderner Instagram-Star erst einmal gebacken kriegen. Und geflügelte Follower hat keine Kim Kardashian dieser Welt. Die kostbarste Leihgabe aus dem Bergbaumuseum Leogang ist die Löwenmadonna, eine Salzburger Besonderheit der gotischen Plastik bei der Maria über über einem Löwen stehend oder auf einem mit Löwen verzierten Thron sitzend dargestellt wird.
Den Ausgangspunkt der Ausstellung im Volkskunde Museum in Salzburg bildet die umfangreiche private Andachtsbildchen-Sammlung von Ingrid Loimer. Dieses „Kleingrafiken“ zeigen anschaulich die Geschichte der Marien-Fömmigkeit. Viele von ihnen sind quasi „PopUp-Bildchen“, die etwa in dreidimensionale Mini-Kathedrale aufzuklappen sind. Die Marien fallen da natürlich oft deutlich weniger stilsicher aus als süßlich-lieblich. Die private Andachtsbildchen-Sammlung von Ingrid Loimer umfasst 27.000 Objekte, die ältesten dreihundert Jahre alt. Mehr als fünfzig Jahre hat Ingrid Loimer solche Bildchen zusammengetragen. Die Sammlung beinhaltet frühe, von Hand gefertigte Arbeiten, Belege zu religiösen Vereinigungen, Gebetszettel, Andenken an Fest- und Lebensbräuche, Fleißbildchen, Gedenkbilder sowie Wallfahrts- und Heiligenbildchen.
Weitere Devotionalien der Marienverehrung – ob nun die Unbefleckte, die Schutzmantel-Madonna, die liebreiche und schmerzhafte Muttergottes oder die Himmelskönigin verehrt wird – sind etwa Fahnen mit Texten von Gebeten und Marien-Gesängen.
In der Ausstellung Ein Fest für Maria im Saalfeldener Museum Schloss Ritzen stehen Traditionen und Bräuche rund um die Marien-Feiertag ebenso im Mittelpunkt, wie die unterschiedlichen Marien-Darstellungen seit dem 18. Jahrhundert. „Verschiedene Traditionen werden dabei in Zusammenhang mit den Marienfeiertagen vorgestellt“, erklären die Kuratoren. Maria sei ja die Prominenteste im Festtagskalender der katholischen Kirche. Gezeigt werden soll auf Schloss Ritzen, dass diese Feste nicht nur rituelle, sondern auch soziologisch-soziale Hintergründe haben.
Maria – Licht im Mittelalter von 10. Mai bis 30. Juni im Salzburg Museum - www.salzburgmuseum.at
Maria – Andacht und Zuflucht von 4. Mai bis 3. Nov - www.salzburgmuseum.at
Ein Fest für Maria – von 5. Mai bis Februar 2020 - www.museum-saalfelden.at
Schöne Madonnen - von 25. Mai bis 31. Okt - www.museum-leogang.at
Die Ausstellungsreihe ist eine spannende Einstimmung auf das Museumswochenende, das am 18. und 19. Mai in ganz Salzburg stattfindet. Bereits zum fünften Mal stehen dabei die Türen von 54 Museen und Sammlungen in Stadt und Land bei kostenlosem Eintritt offen - www.museumswochenende.at
Bilder: Salzburg Museum (3); Salzburg Museum/Fotomontage Fritz Pürstinger (1)