Die Wirklichkeit schön zurecht gerückt

SALZBURG MUSEUM / JOSEF STOITZNER

28/01/10 Ganz in seinem Element war der Maler Josef Stoitzner (1884-1951), wenn er in einem Innenraum ein offenes Fenster entdeckte, durch das Licht hereinströmte.

Von Reinhard Kriechbaum

Das waren dann genau jene Lichtverhältnisse, in denen Stoitzner sein handwerkliches Können ausleben, aber auch seine gestalterische Imagination hat einfließen lassen können. Da ist etwa eine "Bauerstube mit Herrgottswinkel" (1917). Ein rötlicher Vorhang ist vor das Fenster gezogen, und diese spezielle Lichtfarbe gibt den Deckenbalken und den Holzveretäfelungen ein beinah magisches Timbre. In anderen Gemälden fällt das Licht durchs Fenster auf Blumenvasen, auf Gläser, auf Geschirr. Mit Liebe zum Detail hat Josef Stoitzner die Reflexionen und das Durchscheinende im Wortsinn "ausgemalt".

Und doch wird in dieser ersten ihm gewidmeten Museumsschau rasch klar: Der im Kunsthandel zwar unterdessen zu ansehnlichen Preisen gehandelte, von der Kunstgeschichtsschreibung aber noch keineswegs gewürdigte Maler der Zwischenkriegszeit hatte deutlich mehr im Sinn, als getreue Abbilder der Natur. Er ist aus dem Jugendstil herausgewachsen, er war auch vertraut mit dem Stimmungs-Expressionismus in der österreichischen Kunst. Und Bild um Bild macht es Lust, genauer nachzuspüren, wie Josef Stoitzner die Wirklichkeit immer auch ein wenig zurechtgerückt hat.

Da bekommen entlaubte, winterliche Obsbäume mit gestützten, auskragenden Ästen den Charakter eines natur-gewachsenen hölzernen Kuppelraums. Und wenn Stoitzner durch einen Wald mit regelmäßig, kerzengerade gesetzten Fichten blickt, dann schimmert im Gegenlicht die Rinde.

Im Pinzgau, in der Gegend um Bramberg hat er viel gemalt, vom Tal bis in die Almregion hinauf suchte und fand er Motive. Er war oft auf Sommerfrische hier, ehelichte eine junge Dame aus Bramberg - und so wurde der gebürtige Wiener ein "Beute-Salzburger". Nachdem sein Atelier im Zweiten Weltkrieg zerbombt wurde, lebte er überhaupt in Bramberg, wo er 1951 gestorben ist.

Warum hat die österreichische Kunstgeschichtsschreibung von Stoitzner nicht recht Notiz genommen? Ein naturnaher, realistischer Maler der Zwischenkriegszeit hatte es logischerweise nach 1945 nicht leicht, da zeigten die Wegweiser auch der medialen Aufmerksamkeit in ganz andere Richtung. Auch mögen in einzelnen Blättern Stoitzners die geradezu besessene Detailverliebtheit abschrecken. Die hohe Qualität in den formalen Lösungen, in der Wahl der Bildausschnitte, im Umgang mit Lichtstimmungen kommt eigentlich erst im Nebeneinander der Werke heraus.

Mag also durchaus sein, dass die verdienstvolle Personalschau in der Kunsthalle des Salzburg Museums eine Neubewertung dieses Lebenswerks einleitet. Ein Katalog (Monographische Reihe zur Salzburger Kunst, Band 34, herausgegeben vom Salzburg Museum) ist dazu eine gute Voraussetzung.

Josef Stoitzner. Landschaften - Stilleben - Interieurs. Bis 30. Mai. www.salzburgmuseum.at
Bilder: www.salzburgmuseum.at