Ich verlange heim nach Österreich mehr denn je

LITERATURARCHIV / AUSSTELLUNG „PATER THOMAS MICHELS“

13/01/16 Eine katholische Universität hätte es werden sollen. Eine Universität ist es – anno 1962 – immerhin geworden. Auf dem Weg dorthin wurden Studentenheime oder die „Salzburger Hochschulwochen“ gegründet – von Pater Thomas Michels. Das Literaturarchiv widmet dem Benediktiner eine Ausstellung.

Von Heidemarie Klabacher

Salzburg ist voller lateinischer Inschriften. Pater Thomas Michels verdanken wir eine der komplizierteren. „Der Muse heiliges Haus steht Kunstbegeisterten offen/als Entflammte empor trage uns göttliche Macht.“ So lautet übersetzt der lateinische Spruch hoch oben an der Fassade des Großen Festspielhauses. Die mächtigen Tore zum Musentempel hat Toni Schneider-Manzell geschaffen. Von ihm, einem engen Freund Thomas Michels’, stammt auch dessen Grabkreuz auf dem Friedhof des Klosters Nonnberg.

Thomas Michels OSB (1892 bis 1979) ist mit Salzburg also vielfach und eng verbunden. Dabei war er gar kein Salzburger, sondern ein Benediktiner-Pater aus der Abtei Maria Laach. 1929 kam er als Dozent für Liturgie- und Religionsgeschichte an die Salzach, als Professor ohne Universität sozusagen. Eine Theologische Fakultät immerhin hat es gegeben. Die Universität drum herum sollte – unter anderem eben auch von Thomas Michels - gegründet, bzw. wieder gegründet werden, nach dem sie 1810 im Zuge der Säkularisierung des Erzbistums von den Bayern geschlossen worden war... Die Geschichte der heutigen Paris-Lodron-Universtität Salzburg ist komplex. Untrennbar dazu gehört der Name Thomas Michels.

„Wenn Michels ‚mit mächtigem Körper und weißen, kurz geschnittenen Haaren ans Rednerpult trat, spürte man ‚das Nachwehen des barocken Katholizismus.“ So wird der Salzburger Zeithistoriker Ernst Hanisch, der Michels in den 1970er-Jahren noch persönlich erlebt hat, im Ausstellungsfolder zitiert. Ob das ein Kompliment ist?

Jedenfalls muss Thomas Michels eine beeindruckende Persönlichkeit gewesen sein. Tatsächlich steigt auch heutzutage noch jedes Mal eine kleine Weihrauch-Wolke auf, wenn der Name des Benediktinerpaters irgendwo fällt. Und so selten ist das gar nicht, dazu ist Thomas Michels zu eng mit der Universität, Katholischen Bildungseinrichtungen und – ganz konkret – Studentenheimen in Salzburg verbunden.

„Auch die Gründung der alljährlich während der Sommerferien stattfindenden ‚Salzburger Hochschulwochen“ im Jahre 1931 liegt auf dem Weg hin zur Errichtung der neuen Universität in Salzburg“, heißt es etwa auf der Website des Katholischen Hochschulwerks. Dieses ist Jahr 1964 aus dem bereits 1884 gegründeten „Universitätsverein“ hervorgegangen, der die Gründung bzw. Wiedererrichtung der Salzburger Universität in katholischer Trägerschaft zum Ziel hatte.

„Pater Thomas Michels (1892-1979) – Mönch, Gelehrter, Politiker“ heißt die vom Historiker Alexander Pinwinkler gestaltete Ausstellung im Literaturarchiv. Neben dem Einsatz Michels’ für eine katholische Universität wolle die Schau „neue Perspektiven auf Michels als Intellektuellen mit einem weit verzweigten Freundeskreis“ eröffnen. „Michels korrespondierte mit Theologen und Politikern, Künstlern und Wissenschaftlern. Zu seinen Briefpartnern etwa zählten, der Bildhauer Toni Schneider-Manzell, die Komponisten Carl Orff und Egon Wellesz, der Schriftsteller Karl Wolfskehl oder der Architekt Clemens Holzmeister.“

Vermittelt würden neue Forschungsergebnisse zur Frage, „wie sich Michels als prononcierter Dollfuß-Anhänger zu einem scharfen Gegner der Nationalsozialisten entwickelte“. Die Ausstellung erkunde, so das Literaturarchiv, die Motive, „die ihn am frühen Morgen des 12. März 1938 zur Flucht aus Salzburg veranlassten, und sie fragt danach, wie er seine Exilszeit in den Vereinigten Staaten von 1938 bis 1947 erlebte“.

Dass Michels emigrieren musste - oder wollte - ist nicht weiter verwunderlich. Es konnten weder die Austro-Faschisten noch die Nazis explizit katholisches „Gedankengut“ so richtig goutieren. Daheim fühlte Michels sich in den USA nie. „Salzburg frei! Ich verlange heim nach Österreich mehr denn je. Was soll ich hier?“, schrieb er am 1. Mai 1945 in seinen Kalender. Allerdings hat Michels sein Ziel – die Wiedererrichtung einer Universität in Salzburg – auch im Exil nicht aus den Augen verloren, und etwa den Verein „Friends of the University of Salzburg“ gegründet. Im „Advisory Board“ saßen immerhin der Dirigent Bruno Walter oder der damalige katholische Kongressabgeordnete John F. Kennedy.

Als Quellenbasis für die Ausstellung im Literaturarchiv diene, so die Verantwortlichen, der reichhaltige, bislang wissenschaftlich noch nicht ausgewertete Nachlass von Pater Thomas Michels in der Abtei Maria Laach. Quellendokumente aus verschiedenen Archiven und Bibliotheken in Salzburg, Wien, Rom, Berlin und den USA werden erstmals gezeigt.

„Pater Thomas Michels (1892-1979) – Mönch, Gelehrter, Politiker“ – Ausstellung von 15. Jänner bis 25. Februar im Literaturarchiv - www.uni-salzburg.at
Eröffnung morgen Donnerstag (14.1.) um 19 Uhr im Literaturarchiv Salzburg. - Zwei Vorträge zu Thomas Michels am 21. Jänner um 19 Uhr im Literaturarchiv: Helga Embacher (Flucht und Vertreibung in Europa von 1933 bis zur Gegenwart) und Alexander Pinwinkler (Flucht, Exil und Remigration: Der Dollfuß-Anhänger Pater Thomas Michels zwischen Deutschland, Österreich und den Vereinigten Staaten)
Bild: Literaturarchiv/Ausstellungsflyer