Niemand wird das Licht zerstören

KUNSTPROJEKT SALZBURG / KOWANZ / WAKOLBINGER / WURM

02/10/11 Drei der namhaftesten Künstler Österreichs setzten auf Einladung der Salzburg Foundation den fulminanten Schlusspunkt unter das immer wieder umstrittene „Kunstprojekt Salzburg“.

Von Heidemarie Klabacher

altBrigitte Kowanz installierte vier Spiegelglasobjekte auf den vier Staatsbrückenköpfen. Manfred Wakolbinger schuf eine elf Meter lange Skulptur für die schmale Grünfläche zwischen der alten Stadtmauer und der Straße am Rudolfskai. Erwin Wurm pflanzte Gurken neben dem Aula-Aufgang.

„Beyond Recall“ nennt Brigitte Kowanz ihre vierteilige Arbeit auf den vier Staatsbrückenköpfen. Wo sonst gerne Löwen oder Helden mit martialischem Blick die Umgebung bestreichen, stehen nun vier ebenso machtvolle, wie (scheinbar) fragile Glasblöcke.

Das Graugrün des zugleich blickdurchlässigen und reflektierenden Materials nimmt die Farbe des Flusses an - aber auch alle Gestalten der sich spiegelnden Stadtlandschaft. Nein, mit Vandalismus habe sie noch nie zu tun gehabt, sagte Brigitte Kowanz bei der Pressepräsentation am Samstag (1.10.). "Es gibt einen Widerstand, das Licht zu zerstören." Außerdem seien ihre Objekte stabiler, als sie ausschauen. 

altSchon nach dem ersten Blick auf die eleganten Objekte möchte man sie nicht mehr missen. Sie wirken so, als hätten sie schon längst genau hier stehen müssen. Geht man näher, entdeckt man in jedem Kubus Worte in Leuchtschrift, geschrieben in der charakteristischen - Glas gewordenen - Handschrift der Künstlerin: Beyond Recall, Envision, Dedicated Secret. Sie habe Salzburg genug Internationalität zugetraut, um diese englischen Begriffe zu verwenden.

Auf dem Kubus auf dem (vom Platzl aus) rechten vorderen Brückenkopf ist im Glas der Text der erst vor wenigen Jahren angebrachten Erinnerungstafel zu lesen: „Zum Gedenken an die Hunderten Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter, die von 1941 bis 1945 gegen ihren Willen und unter großen Opfern an der Errichtung dieser Brücke arbeiten mussten.“ Damit ist auch der Bedeutungshintergrund des gesamten Werks umrissen und in der Vergangenheit der Stadt verankert.

altManfred Wakolbinger hätte den von ihm ausgesuchten Platz am Rudolfskai beinahe nicht genehmigt bekommen, erzählt Walter Smerling von der Salzburg Foundation: „Aus übergroßem Respekt vor dem Schaffen des Künstlers wollte man ihm diesen ‚Un-Ort’ nicht zumuten.“

Tatsächlich steht aber auch die langgezogene Edelstahlskulptur mit ihren zwei entfernt trichterförmigen Enden vor der Stadtmauer, als habe sie schon längst dort gefehlt. „Connection“ nennt Wakolbinger diese Arbeit, mit der er Innen und Außen, Stadt und Menschen, aber auch den Betrachter mit sich selbst und seiner Umgebung in Beziehung setzen wolle. Der Betrachter spiegelt sich auch hier. Sowohl an der Außenfläche, als auch an der Innenfläche, wenn man in die Trichter hineinschaut.

Faszinierend bei diesen Arbeiten - wie exemplarisch auch bei dem 2005 besonders angefeindeten „Mozart“ von Markus Lüpertz - ist die prompte Verschmelzung der Skulpturen mit ihrer Umgebung. Die „Gurken“ - und das ist wörtlich zu nehmen - von Erwin Wurm könnte man sich dagegen durchaus auch an einem anderen Platz vorstellen.

altDas disparate "Gestaltungskonzept" am Furtwängerpark („moderner“ Aula-Aufgang, Schiller-Denkmal, Kleinskulpturen im kahl geschlagenen Park, Wilder Mann-Brunnen, Fahrradständer) aber verträgt die Wurm’schen „Gurken“ nicht nur hervorragend. Im Gegenteil: Es kommt ein ironischer Touch dazu. Erwin Wurm schweigt sich ja über die „tiefere Bedeutung“ seiner Gurken-Skulpturen beharrlich aus. Wenn überhaupt etwas, wolle er Dialog bewirken mit dieser Arbeit, egal ob die Menschen sich amüsieren oder ärgern.

Den schmunzelnden Mienen der Betrachter nach zu schließen, die am Sonntag (2.10.) in der Pause der Matinee des Mozarteumorchesters im Festspielhaus "Gurken schauen" gegangen sind, ist eher das Konzept „Amüsieren“ aufgegangen.

Zum Hintergrund-Bericht ... und die Folgen
Alle Kunstwerke im Überblick / Walk of Modern Art - www.salzburgfoundation.at
Bilder: dpk-klaba / Salzburg Foundation/VG Bild-Kunst (1)