Das Flüchtige ewig machen

GALERIE WEIHERGUT / MARTIN RASP

16/03/11 Strandgut vom Mittelmeer und Fundstücke aus Flussbetten liefern Martin Rasp den Rohstoff. Der Künstler hat das Obergeschoss der Galerie Weihergut in der Biberngasse in ein „Ufer der Zeit“  verwandelt.

Von Wolfgang Richter

altFluss und Meer arbeiten im Dienst der Zeit und sind Teil der großen Vergänglichkeitsmaschine, die dem Künstler Material liefert, aus dem er ein Paradoxon formt, indem er das Flüchtige ewig zu machen versucht. Das klingt pathetisch, und wenn man seine Arbeiten genauer betrachtet, ist es auch so. Denn von Sonne und Regen, Kälte und Hitze malträtiert, abgewetzt und von der Strömung abgerieben, sprechen die Dinge, die Martin Rasp seit Jahrzehnten sammelt, eine eindringliche Sprache. Ihr verhilft er zum Ausdruck, indem er sich in seinem künstlerischen Zutun auf Wesentliches beschränkt.

Wenn das Material der Inhalt ist, dann gibt die Form den Objekten ihren Sinn. In seiner Ästhetik des Zufalls hat das Beliebige keinen Platz. Aufgeräumt wird arrangiert, manchmal gewinnt man den Eindruck, dass das Schöne ausgiebig zelebriert wird. Oder rührt dieser bloß von daher, dass für diese Retrospektive alles wagemutig Experimentelle im Atelier geblieben ist?

altRasp hat das Obergeschoss der Galerie Weihergut in der Biberngasse in ein „Ufer der Zeit“  verwandelt. Aus der fast leeren Mitte blickt man an die Ränder, wo die Objekte, Zeichnungen und Fotos stehen und hängen. Das ergibt eine schlüssige Konzeption: ein Panorama, das zurückführt bis in die siebziger Jahre, simultan ein Netz von Bezügen und Verweisen erschließt und keinen Anfang und kein Ende hat.

Im Erdgeschoss dominieren Arbeiten auf Papier aus dem Frühwerk und der jüngsten Zeit. Sie weisen Rasp als feinsinnigen Beobachter aus, der präzise formulieren kann.

Seit den späten siebziger Jahren ist Martin Rasp in der Salzburger Kunstszene verankert. Vom Ufer der Zeit blickt er auf eine veränderte Kunstlandschaft, in der viele der einheimischen Klassiker aus dem Bewusstsein der Jüngeren zu verschwinden drohen. Interessant wäre wohl, einmal nachzuforschen, wo denn heute die Kristallisationspunkte der Kunstszene zu finden sind. Und: Wer kümmert sich darum, dass die jüngere Geschichte der bildenden Kunst nicht in die Mühle der Vergänglichkeitsmaschine gerät?

Martin Rasp: „Am Ufer der Zeit“. Bis 1. Juni in der Galerie Weihergut/Biberngasse. - www.weihergut.at