Ei, wie schmeckt der Coffee süße

SALZBURG MUSEUM / CAFÉ SALZBURG

22/04/22 Beiläufig Wichtigkeit demonstrieren? Mit gewichtiger Miene im Tomaselli oder im Bazar sitzen und FAZ lesen! Ins Kaffeehaus geht, wer gern „inselbildend“ in Gesellschaft allein ist, meint Doderer. Was blieb vom Mythos Kaffeehaus? Vor dem Wiener Café Central stehen die Touristen Schlange. Das fehlt zum Glück in Salzburg – bei ansonsten reicher Kaffeehauskultur.

Von Heidemarie Klabacher

Eine Liste der Cafés allein im Herzen der Stadt bringt es auf 29 Positionen. Da ist Starbucks gar nicht dabei. Einige der Kaffeesieder haben eine reiche Geschichte, die bis in die Gegenwart reicht... An Material fehlte es also nicht. Kultur- und Sozialgeschichte des Kaffeetrinkens im allgemein und in der Mozartstadt im Besonderen werden in der Ausstellung Café Salzburg. Orte. Menschen. Geschichten in der Kunsthalle im Keller des Salzburg Museums denn auch sorgfältig und um Vermittlung bemüht... referiert? Ja, referiert ist das Wort für eine grundsolide Schau, die Anschaulichkeit angstrebt aber nicht erreicht. Was neben raren Artefakten (Kaffeeröstpfanne aus dem Haus Tomaselli vom Ende des 19. Jahrhunderts aus Blech und Holz) ganz einfach fehlt sind Kaffee-Maschine, Kaffee-Automat, Kaffee-Duft. Die Schau scheint sich von ihren Gästen durch betonte Nüchternheit, durch beinah zelebrierte Un-Sinnlichkeit geradezu zu distanzieren.

Klar, kann man nicht mit Kaffee-Häferln in einer Ausstellung herumschütten. Andererseits ist eh alles hinter Glas. Und die atmosphärisch-charismatische Sitzgruppe aus dem Espresso 21, ehemals am Anton Neumayr-Platz, dürfte genug Menschen und Kaffee und Kaffee-Flecken erlebt haben, um ein paar weitere – Menschen und Flecken nämlich – wegzustecken. Jetzt freilich sind Tische und Sessel nach Entwürfen von Josef Hawranek und Robert Kottas offizielle Inventarstücke (Inv. Nr k14800 a- bis f-49) und als solche sakrosant.

Wie köstlich munden müsste ein feiner Mokka mit einem Tropfen Schlag aus der unvergleichlich schönen jugendstiligen Silbergarnitur aus der Café-Restauration in Thumersbach gegenüber von Zell am See... Einerseits. Andererseits verbrennt man sich beim Hantieren mit Silberkännchen eh meistens die Finger. Trotzdem. Ein Tischerl mit solch schönem – gerne nachgemachten – beinah schon sakral anmutendem Kaffeegeschirr zum Angreifen, wenn schon nicht zum draus Trinken. Ein paar Bohnen zum Knabbern. Ein Kaffeesackerl zum Hineinschuppern. Irgendwas, das veranschaulicht, dass Kaffee mit Genuss zu tun hat....

Fakten gibt es genug, etwa dass der Kaffee in der Stadt Salzburg seit spätestens den 1680erjahren bekannt ist, oder dass im privaten Umfeld zunächst nur das reiche Bürgertum echten Bohnenkaffee getrunken hat.

„ Ab den 1740er Jahren lässt sich in Salzburger Bürger-Haushalten wie in jenem der Familie Spängler selbstgerösteter Bohnenkaffee nachweisen.“ Na das klingt doch gleich nach purem Genuss.

„Im Jahr 1700 schlug die Geburtsstunde von Salzburgs erstem Kaffeehaus. Der aus Frankreich stammende Jean Fontaine erhielt die Genehmigung zum Verkauf von Tee, Kaffee und Schokolade bzw. Kakao. Als Standort für sein Lokal wählte er das Haus Goldgasse 5. Anton Staiger folgte nach und übersiedelte 1764 das Kaffeehaus auf den Alten Markt. Das Café Staiger wurde das erste große Kaffeehaus der Stadt. Eine Reihe der Salzburger Kaffeehäuser haben ihre Wurzeln in der Zuckerbäckerei bzw. dem Handwerk von Konditoren. So auch der Zuckerbäcker Carl Tomaselli, der das Café Staiger 1852 erwirbt und umbenennt in das noch heute sehr bekannte Café Tomaselli.“ Und so weiter.

Der eigentliche Hit der Schau ist das prachtvolle Buch gleichen Titels. Die vielfältigen inhaltsreichen und anregend geschriebenen Texte unterschiedlichster Autorinnen und Autoren führen an Orte einstiger und heutiger Kaffeehauskultur in Stadt und Land Salzburg, berichten von Menschen, die im Café sich genussvoll die Zeit vertrieben oder dort schwer (und in früheren Zeiten unbezahlt nur für Trinkgeld) gearbeitet haben, erzählen das, was die Schau schuldig bleibt, „konzeptuell“ vielleicht schuldig bleiben muss.

Immerhin gibt es für Kinder was zu tun: In einem kleinen Kaufladen wird die Geschichte der Schokolade – Anbau, Ernte, Verarbeitung, Transport – von der Bohne bis zur Tafel erzählt. Schokolade passt ja auch gut zu Kaffee.

Leitmotivisch durch die Schau, als Reproduktion, als Cover auf der Ausstellungszeitung und auf dem Katalog, zieht sich das Foto Zeitungsleser im Café Bazar von Johann Barth (1931–2009) aus 1970 aus dem Bestand des Stadtarchiv. Das war ein Kaffeehaus-Sitzer, wenn es je einen gegeben hat: JoBa vermittelt in dem einen Bild alles, was Kaffeehaus ausmacht. Weit über das Riech- und Schmeckbare hinaus.

Café Salzburg. Orte. Menschen. Geschichten - bis 4. September – www.salzburgmuseum.at
Bilder: dpk-klaba (4) Stadtarchiv Salzburg/Fotoarchiv JOBA