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Von der nackten fotografischen Seele

KULTUR – VIRTUELL

18/11/20 Wenn wir Glück haben, dann gehen sich im Dezember noch knapp zwei Wochen aus für einen realen Ausstellungsbesuch. Die aktuelle Schau im der (derzeit natürlich geschlossenen) Galerie Fotohof hätte es verdient, dass man neugierig vorbei schaut. Als Appetitmacher gibt’s die Option zu einem Online-Ausstellungsbesuch.

Von Reinhard Kriechbaum

Was für ein Titel! Während alle fotografieren können sich manche mit der Fotografie beschäftigen: Es ist eine Ausstellung, in der Fotografie sich selbst reflektiert. Die Fotografinnen und Fotografen sind Absolventinnen und Absolventen der vor dreißig Jahre gegründeten Schule für künstlerische Photographie Friedl Kubelka. Die Kuratorin Ruth Horak: Schon 1839, als die Fotografie ruchbar wurde, hätten Visionäre erkannt, dass „ihr Auftritt fulminant sein und ihr Einfluss auf die Welt enorme Ausmaße annehmen“ würde. „Gleichzeitig nahm sich die Fotografie so sehr zurück, dass man bis heute fast immer an ihr vorbei auf das Abgebildete schaut und sie erst sichtbar wird, wenn sie 'nackt', ohne ein kleidendes Bild, ist.“

Dieser Nacktheit – ein schönes Bild fürs Nachdenken über die Seele der eigenen Kunst – kann man also im Fotohof nachspüren, der zum Jubiläum von Friedl Kubelkas privater Photographie-Schule auch ein Buch editiert hat. Das besondere an dieser Einrichtung: Friedl Kubelka hat sie 1990 auch mit dem Hintergedanken gegründet, es solle ein Schule werden, „in die sie selbst gerne gegangen wäre“. Seither wird dort Jahr für Jahr wird ein spezifisches Programm erarbeitet, seit 2010 unter der Leitung von Anja Manfredi, das in sehr dichten Unterrichtseinheiten stattfindet und ein regelrechtes Eintauchen in die jeweiligen Themen erlaubt. Die Workshop-Leiter wechseln jedes Jahr, damit die Diskurse möglichst vielgestaltig bleiben. Künstler werden ebenso eingeladen wie Thoretiker, die mit und über Fotografie, aber auch mit anderen künstlerischen Medien arbeiten. Rund 170 Lehrende gab es seit der Gründung, und rund 580 Studierende.

Die Kuratorin der Fotohof-Schau: „Was gleich blieb, ist die Faszination für ein Medium, dessen Anwendungen heute vielfältiger sind als je zuvor, das anspruchsvoll und banal zugleich ist, aufwändig produziert ist oder nebenbei passiert, das zum Alltag, zur Wissenschaft, zur Kunst gehört, und damit stets aufs Neue evaluiert werden muss, wo die Fotografie beginnt, wie weit sie reicht und welchen Einfluss ihre Omnipräsenz auf die künstlerische Fotografie hat.“

Die Bilder auf dieser Seite: Der scheinbare Widerspruch zwischen pixeliger Bildauflösung und dem Nah-Blick auf Objektivlinsen in Do it in the Dark mag irritieren. Es geht genau um jenen Prozess in der Dunkelkammer, in dem sich oft entscheidet, was möglich ist und was nicht – technisch und künstlerisch. Rosa Johns Arbeitsmantel für eine Kamerafrau ist ein Entwurf für ein Stoffmuster. Es ist ein Motiv-Spiel aus Prismen und der Lichtbrechungen, zitiert aus der Broschüre eines Objektivherstellers.

Ganz rätselhaft, was uns Markus Krottendorfer in Masters of the Universe vorführt: Die haben sich in den 1980er Jahren in einem fiktiven Castel Grayscull eingefunden. Einen Anknüpfungspunkt hat Krottendorfer in einer tatsächlich existierenden, wenn auch fantastischen Skulptur auf Fuertaventura ausgemacht. Da verschwimmen also Fiktion und Realität.

Die Schau „Während alle fotografieren können sich manche mit der Fotografie beschäftigen“ ist bis 19. Dezember zu sehen. Ab 9. Dezember hoffentlich wieder real, bis dahin als virtueller Rundgang
Zum 30-jährigen Bestehen erscheint die Publikation Die ersten 30 Jahre – Photographie (Hg. Anja Manfredi, FOTOHOF edition), mit über 100 Beiträgen von Künstler*innen und Theoretiker*innen, die an der Schule unterrichtet haben und/oder auch Absolvent*innen sind – www.fotohof.net.
Bilder: Galerie Fotohof / Anita Witek/Vogue 2018 (1), Rosa John / Bildrecht (1), Markus Krottenhofer (1)

 

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