Maria war makellos – die Welt ist es nicht

SALZBURGER KUNSTVEREIN / JAHRESAUSSTELLUNG

12/12/17 Ist es so, dass die Kunst ein Ideal anpeilt? Und nimmt sie hin, dass es unerreichbar ist? – Die Jahresausstellung des Salzburger Kunstvereins fragt nach der „Reinheit in der Vollkommenheit“ und es war sehr stimmig, sie am Vorabend von Maria Empfängnis zu eröffnen.

Von Werner Thuswaldner

Die Jahresausstellung hat wie immer ein Motto. Diesmal lautet es: „Reinheit in der Vollkommenheit“. Unter diesen Schirm passt jede Menge. Gut für die Jury, die Großzügigkeit walten lassen konnte, als sie aus 94 Einreichungen 17 auswählen musste. Die sind nun im Ausstellungssaal des Künstlerhauses zu sehen. Die Jury legte großen Wert auf Vielfalt. Tatsächlich bietet die Schau eine Umsetzung des Mottos in viele Medien: Malerei, Video, Graphik, Fotografie, Objekte. Bild, Geruch und akustische Eindrücke wollen wahrgenommen werden.

Übrigens, das mit der Auswahl ist gar nicht so einfach. Es ist gut denkbar, dass eine andere Jury zu ganz anderen Resultaten gelangen würde. Auswahl musste auch sein, als darüber entschieden werden musste, wer dieses Jahr den mit 3000 Euro dotierten Förderungspreis des Landes bekommen sollte. Preisträgerin ist Alexandra Baumgartner, die zuerst am Mozarteum und dann an der Wiener Angewandten studiert hat. Sie nimmt Bezug auf den katholischen Festtag Maria Empfängnis. Über und beidseitig neben dem Eingang zum großen Ausstellungssaal hängen gerahmte großformatige Farbdrucke, die das Abbild Mariens mit leicht erhobenem Kopf zeigen. Maria, die Hände gefaltet, strahlt sichtlich von innen und scheint sich bewusst zu sein, dass die Empfängnis durch ihre Mutter Anna mit keinerlei Makel behaftet gewesen ist. So brachte es bekanntlich die katholische Lehre unter die Leute, indem sie versicherte, dass die Erbsünde für Maria keine Relevanz hatte. Das Ladenschlussgesetz aus jüngerer Zeit hat die Aura dieses Befunds ein wenig geschmälert.

Alexandra Baumgartner hat die Bilder, auf denen Reinheit und Vollkommenheit in geradezu idealer Weise thematisiert werden, regelrecht gesammelt und begegnete dabei, wie sie berichtete, äußerst freundlicher Resonanz. Von Andrea Baumgartner ist auch noch ein „objet trouvé“ zu sehen, eine antike Schneiderpuppe, die einem vollkommen erscheint, solang man nicht entdeckt, dass sie im Rücken ein Loch hat, also hohl ist.

Was ist nötig, um ein Leben in Vollkommenheit zu leben? Dieter, genannt „Buntspecht“, der in einer aufgegebenen Bienenhütte mitten in der Natur zwischen Anif und Hellbrunn haust, zeigt, dass dazu verdammt wenig vonnöten ist. Abgehärtet muss einer freilich sein. Christian Ecker zeigt von seiner 30 Bildern umfassenden Fotoserie acht einprägsame Beispiele.

David Muth ist auf Objekte aus, die sich Menschen zur Dekoration ihrer Umgebung aussuchen. Dazu gehören Orchideen, die in einem kleinen Töpfchen stecken und von einer durchsichtigen Plastikhülle umgeben sind (Vertrieb IKEA). Das Schönheitsideal, das damit angepeilt wird, macht in der Tat nachdenklich.

Stefan Heizinger reibt sich an den hohen Zielen historischer Porträtmalereien, indem er diese Bilder rigoros verfremdet. In dem einen Fall – eines Werks von Caravaggio – erscheint der breite Rahmen mittels farbigem Montageschaum skulptural überbetont, dagegen kann sich das kleine eigentliche Porträt kaum behaupten.

Einen radikalen Standpunkt vertritt Ulrich Nausner mit seiner Ausstellung „blank“ im Kabinett des Künstlerhauses. Schienen und genormte Blindpaneele an den Wänden sind die Elemente für Nausners Gestaltungen, die mit der Mehrdeutigkeit des Wortes „blank“ spielen. Die Mittel dazu stammen aus der digitalen Welt.

Ausstellungen im Salzburger Künstlerhaus bis 4. Februar 2018 – www.salzburger-kunstverein.at
Bilder: Salzburger Kunstverein / Andrew Phelps