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Der Virtuose auf Tournee

KLEINES THEATER / DAS KONZERT

29/06/16 Hermann Bahr hat eine gute Weile in Salzburg gelebt. Ob im Schloss Arenberg auch solche Leute zu Gast waren wie der Pianist Gustav Heink aus der Komödie „Das Konzert“ – jener Tastentiger, der gerne öfters mal den Konzertsaal mit der Almhütte tauschte?

Von Ulrike Guggenberger

Kennzeichen einer neu aufkommenden europäischen Dichtung – das trifft auch auf Österreich zu – war etwa ab den 1880er Jahren ein dichterischer Realismus, der in einen anschließenden Naturalismus mündete und später expressionistische Züge annahm. Die jungen Dichter orientierten sich an Vorbildern wie Emile Zola, Henrik Ibsen und Leo Tolstoi. In Österreich etwa traf dieses neu aufkommende Paradigma auf den Schriftsteller Hermann Bahr akkurat zu. Lebenslügen, Schwächen der Gesellschaft, kurz Dekadenz und Verderbtheit der besseren Kreise schonungslos aufzudecken. Dichter hielten der Gesellschaft den berühmten Spiegel vor Augen.

Hermann Bahr kam 1863 in Linz zur Welt. Der erfolgreiche Dramatiker und Schriftsteller arbeitete für Verlage und Zeitschriften, stand in Kontakt mit Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler, Peter Altenburg, also im Mittelpunk der Wiener Literaturszene seiner Zeit.

Bahrs Komödie „Das Konzert“ wurde im Dezember 1909 in Wien uraufgeführt. Im Kleinen Theater war am Dienstag (28.6.) Premiere. Das Stück lebt nach wie vor von Temperament, Klugheit und Witz, Amüsement und seinem überraschenden Schluss. In der Regie und zur Musik von Matthias Schuh kommt man mit schlichten Requisiten aus, konzentriert sich ganz auf die Charaktere, die in ihrer echten unverfälschten Menschlichkeit liebenswert erscheinen. Mit Vergnügen folgt man also den Irrungen und Wirrungen der handelnden Personen – die da wären: der polternde Held und Pianist Gustav Heink und dessen verständnisvoll kluge Ehefrau, Marie; Gustavs momentan bevorzugte glühenden Verehrerin Delfine sowie deren Ehemann Dr. Jura und Eva, eine weitere hoffnungsvolle Anbeterin des Musikinterpreten. Mit begabtem Engagement spielen Larissa Enzi, Wolfgang Kandler, Peter Malzer, Viktoria Morawetz. Das Spiel des Künstlers mit wechselnden Liebhaberinnen gelingt schon seit Jahren routiniert in einer romantisch abgelegenen Jagdhütte. Listig entschuldigt Gustav seine zeitweilige Abwesenheit mit der Begründung eines angesagten Konzertauftritts. Berührend und klug sind die Dialoge der sich am Ehemann-Ehefrau-Geliebte-Spiel mühenden Personen, die sich quälen und nicht auskönnen aus ihren persönlichen Befindlichkeiten. Kann es sein, dass man aus Liebe dem Geliebten eine neu aufkommende Liebe von Herzen gönnt? Zwischen 1909 und heute haben sich die gesellschaftlichen Rollen und Normen verändert, die Frage nach dem Wesen der Liebe stellt sich dennoch immer wieder neu.

Nächste Aufführungen am 30. Juni, 1., 7.und 8. Juli auf Burg Hohenwerfen; im Kleinen Theater am 2. und 6. Juli – www.kleinestheater.at, www.theaterachse.com
Bild: www.theaterachse.at / Matthias Schuh

 

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