Menschenfleisch und Sternensang

TRIBÜHNE LEHEN / THEATER(OFF)ENSIVE / BLUT AUF EIS / URAUFFÜHRUNG

22/04/10 Das Essen auf Rädern kommt nur zur Tarnung, in Wirklichkeit ernährt er sich von Frauenfleisch, der Pensionist im Erdgeschoss. Theo, Supermann-Darsteller in einem C-Movie, hofft noch immer auf den Durchbruch zum Superstar.

Von Heidemarie Klabacher

altUnd Oskar und Schröder bewachen die Grenze zwischen Finnland und Russland - in der gemeinsamen Wohnung. Das Clo liegt in Russland. Leider wird der grenzgängerische Bär erschossen. Sven steckte in dem Plüsch-Fell.

Doch die Frauen in dem desolaten Wohnhaus in der Willigstraße sind auch nicht von schlechten Eltern. Aber - rollentypisch - erleiden sie ihre Schicksale eher, als dass sie sie gestalten. Der Stücktitel „Blut auf Eis“ etwa erklärt sich daher, dass die Eiskunstläuferin Philomena (die Frau des schlaflosen Anti-Helden Theo) den Kopf verliert: Der Eistanzpartner fährt ihr beim Wettbewerb mit Fernseh-Übertragung versehentlich über den Hals. Mit den Schlittschuh-Kufen. Der grantelnde Rentner im Erdgeschoss gibt dafür gute Wertungen. Ehepartner Theo freilich hat daraufhin ein schlechtes Gewissen, war er doch in diesem Augenblick mit Tanja im Bett, der Ex-Freundin von Schröder, die inzwischen bei einer Sexhotline arbeitet.

altUnd so könnte man sich weiter erzählen durch die bizarren Geschichten, die der Autor Stefan Lack in „Blut auf Eis“ zu einem herrlich irrsinnigen Padämonium verwoben hat, das von der Theater(Off)ensive mit viel Schwung über die Bühne gebracht wurde. (Der Regisseur der „Capt’n Galaxy“-Serie spielt übrigens auch mit und macht die Dinge nicht überschaubarer.)

Uraufführung war am Mittwoch (21.4.) und nicht einmal die absolut trost-, stimmungs- und atmosphärelose „Tribühne Lehen“ (man muss sich das als eine Art Volksbildungssaal im Gewande zeitgeistiger Architektur vorstellen, womit aber nichts gegen Volksbildung gesagt sein soll) verhinderte den Funkenflug teils echter Komik und grandiosen Klamauks.

Regie führt Georg Clementi. Ausstatter Andreas Lungenschmid hat eine Art stilisiertes, schräg ansteigendes Labyrinth geschaffen, das die Irrungen und Wirrungen der Bewohner des Hauses Willigstraße 38 trefflich spiegelt. Die Musik von Manfred Plessl könnte jedem Science-Fiction-Film (von den Fünfzigerjahren bis in die Gegenwart) mit Gewinn unterlegt werden.

„Blut auf Eis“ ist eine Koproduktion der Theater(Off)ensive mit der Neuen Bühne Villach.

Weitere Aufführungen: 24., 25. und 28. April, 1. und 2. Mai, jeweils 19.30 Uhr auf der Tribühne Lehen. www.theateroffensive.at
Bilder: Theater(Off)ensive