Ein Freund, ein guter Freund…

SCHAUSPIELHAUS / KUNST

14/09/12 Gleichsam zum Warmspielen widmet sich das Schauspielhaus, das traditionellerweise die Nase immer ein klein wenig (und heuer sogar ziemlich weit) vorn hat im herbstlichen Premierenreigen, dem Unterhaltungsklassiker „Kunst“ von Yasmina Reza.

Von Reinhard Kriechbaum

Eigentlich sollte man sich unter Freunden nicht verstellen müssen. Brauchen sich langjährige, beste Freunden also kein Blatt vor den Mund nehmen? Im Fall von Serge, einem deklarierten Kunstfreund, hätte Marc besser ein wenig Zurückhaltung geübt. „Scheiße“ nämlich hat er unverblümt das soeben von Serge erworbene Bild genannt. Obwohl das Wort nicht so recht zum Sujet passt, zumindest farblich. Es ist eine blütenweiße, weitgehend monochrome Fläche. Dafür 200.000 Franc auszugeben, übersteigt Marcs Spießbürgerhorizont bei weitem.

Serge, der Dermatologe, erweist sich gegenüber der Kritik als äußerst dünnhäutig. Der dritte im Bunde ist Yvan. Er will in Sachen zeitgenössischer Kunst vermitteln zwischen den beiden Streithähnen, aber das bekommt ihm gar nicht gut. Natürlich schwenkt die Diskussion bald weg vom eigentlichen Streitthema, der Kunst. Bald stehen Sinn und Unsinn solcher Freundschaften überhaupt zur Disposition. Warum tut man sich solche Freunde, solche gemeinsamen Abende überhaupt an, wo doch jeder ideologisch und im realen Leben weitgehend mit sich selbst beschäftigt ist?

Das wird flott und eloquent abgehandelt, im 1994 entstandenen Stück der Pariser Schreiberin (Yasmina Reza ist angeblich die meistaufgeführte französische Gegenwartsautorin) ebenso wie in der von Christoph Bartscheider auf minimalistischer Bühne umgesetzten Produktion. Boulevard sagt man hierzulande dazu, wenn an der gesellschaftlichen Politur leicht gehobelt wird, ohne dass ernsthaft Späne fliegen.

Olaf Salzer (Marc) ist der immer leicht die Nase rümpfende wertkonservative Besserwisser. Hat sich Marcus Marotte (Serge) vom Kunsthändler und vom Zeitgeist hoffnungslos infizieren lassen? Vielleicht ist er sich seiner Sache als Kunstliebhaber ja gar nicht so sicher. Und Yvan, der Vielredner, der sich bald verheiraten wird und zwischen Schwieger-, Stief- und leibhaftigen Müttern schier zerrieben wird? Anthony Connor spielt den smarten Freund, der einem recht leid tun kann.

Die Vögel sind also schräg genug, die ganz leicht kippbare Spielfläche auch. Sie soll andeuten, dass zwischen den drei Freunden ein eher labiles Gleichgewicht herrscht. Der Kippeffekt ist gering, und das wirkt in jeder Hinsicht dem Stück adäquat.

Aufführungen bis 4. November im Studio des Schauspielhauses – www.schauspielhaus-salzburg.at
Bilder: Schauspielhaus / Marco Riebler