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Kocht der Sünde keinen Kaffee

SCHAUSPIELHAUS / 10 TIPPS DAS MORDEN ZU BEENDEN…

04/11/11 Ein Auftragskiller als Priester in Island! Ein Schenkelklopfer? Keineswegs. Die Produktion „Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen“, Peter Arps Stückfassung des gleichnamigen Romans von Hallgrímur Helgason, ist ebenso skurril wie beklemmend.

Von Heidemarie Klabacher

Der kroatischstämmige Auftragskiller mit dem Künstlernamen Toxic muss nach einem verpatzten Auftragsmord New York schleunigst verlassen. Auf dem Flughafenklo bringt er einen Reisenden um, bemächtigt sich der Identität und der Tickets seines Opfers und reist als Father Friendly nach Island, wo er von einem evangelikalen Predigerehepaar erwartet und sogleich ins Fernsehstudio verschleppt wird…

Alle Zutaten für eine Komödie scheinen vorhanden zu sein. Wäre da nicht die Vergangenheit des „Helden“ im Jugoslawien-Krieg, die sich immer stärker Bahn bricht durch Vereisung und Verdrängung der Erinnerung. Es gibt genug irre Meldungen von Toxic, der es etwa gar nicht leiden kann, „diskriminiert zu werden“ nur weil er „der Reihe nach Leute umbringt“. Die übereifrigen Prediger bieten eine urkomische Karikatur dessen, was in den USA (und anscheinend auch auf Island) von religiösen Sendern aus der Welt zugemutet wird.

Aber je auswegloser die Situation des Gestrandeten wird, umso heftiger pocht die Vergangenheit an: Irgendwann kommt ans Licht, was in der ersten Nacht im Krieg im Nebel mit Toxics Vater und seinem Bruder passiert ist. Irgendwann - als die Romanze mit der gar nicht frommen Predigerstochter schon ziemlich weit fortgeschritten und die Nachricht von der Ermordung der New Yorker Freundin durch die Mafia eben eingegangen ist - steigt die Erinnerung an die serbische Freundin auf, die ein Jahr lang unter kroatischem Vornamen Toxics Geliebte war - ehe „Kameraden“ sie entdeckt, vergewaltigt und ermordet haben. Vor Toxics Augen.

Peter Arps Stückfassung des gleichnamigen Romans von Hallgrímur Helgason schraubt sich erbarmungslos in die Tiefe der Psyche eines Geschundenen, den die eigenen Geschichte dazu gebracht hat, selber zum Schinder zu werden. Beides, Skurrilität und Tragik, wird von Peter Arp als Stück-Ersteller und Regisseur mit erstaunlich leichter Hand erzählt.

Bernhard Linke ist der geradezu sympathische Killer und spätere Bekehrte. Volker Wahl geistert als Untoter Pater Friendly mit ihm über die „Kühlschrank-Insel“ und hilft seinem Mörder gelegentlich mit dem passenden Bibelspruch aus: eine mitreißende schauspielerische Leistung. Ulrike Arp und Antony Connor sind die Prediger in dieser schrägen Island-Kroatien-Serbien-Saga, Sophie Hichert spielt deren Tochter. Marcus Marotte zeigt sich von seiner höllenfeurigen Seite als weiterer Fundi-Prediger.

Das Bühnenbild von Alexia Engel ist ein weiter leicht ansteigender weißer Raum, der von Schützengraben ähnlichen Quergängen durchbrochen ist. Kriegsassoziationen sind eben so leicht in Gang zu bringen, wie Requisiten abtransportiert werden können. Sparsam und klug eingesetzte Projektionen versetzen in die Berge Kroatiens wie an die Geysire Islands. - Eine aufregend beunruhigende Farce über den Krieg und Leben und Tod.

Aufführungen bis 20. November - www.schauspielhaus-salzburg.at
Bilder: Schauspielhaus / Eva Maria Griese



 

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