Schweinefleisch, Slapstick & Sheherazade

LANDESTHEATER / MANCHE MÖGEN'S VOLL VERSCHLEIERT

07/03/22 Temporeiche witzige Dialoge, Slapstick und so viele Verwechslungen, dass man sie schon gar nicht mehr zählen kann. Mit Manche mögen’s voll verschleiert steht eine höchst vergnügliche Verwechslungskomödie mit Tiefgang auf dem Programm des Landestheaters.

Von Verena Resch

Auch die jüngste Schauspielproduktion des Salzburger Landestheaters bleib nicht von Omikron verschont: Aufgrund mehrerer Ausfälle wurden die ersten drei Termine als „Voraufführungen“ gespielt und die Premiere auf Sonntag (6.3.) verlegt. Geschadet dürfte es nicht haben, der Premierenabend war ein voller Erfolg, von eventuellen Probenrückständen nichts mehr zu merken.

Der Plot ist schnell umrissen: Alexander und Leila sind zwei Studenten, frisch verliebt und haben eben einen Praktikumsplatz bei der UNO in New York ergattert. Scheinbar alles perfekt, wäre da nicht Alexanders Mutter, eine bekennende Feministin, die lautstark für die Rechte von Frauen eintreten will, aber die Frau für ihren Sohn selbst aussuchen will. Und dann steht auch noch Amir vor der Tür, Leilas älterer Bruder. Frisch zurückgekehrt von der Koranschule im Jemen und zum strenggläubigen Muslim gewandelt, stellt er sich gegen die Beziehung der Schwester und verbietet den beiden jeglichen weiteren Kontakt. In seiner Verzweiflung besorgt sich Alexander (Hanno Waldner) einen Niqab und steht wenig später voll verschleiert als strengreligiöse „Sheherazade“ wieder vor der Tür und eine Verwechslungskomödie vom feinsten nimmt ihren Lauf.

Alexander, der sich erst an seine Verkleidung gewöhnen muss, vergisst, dass dem Mannerwafferl der Weg zum Mund durch Stoff versperrt wird. Verzweifelt hockt er zwischen Amir (Maximilian Paier) und Leila (Ariana Schirasi-Fard) auf der Couch. Während Letztere ihren Geliebten partout nicht wiedererkennen will, der sich mit verstellter Piepsstimme verzeifelt aus seiner Misere zu retten versucht, ist Amir so gebannt von Sheherazade, dass ihm selbst das verzweifelte „Ich bins!“ von Alexander entgeht. Er verfällt der mysteriösen neuen Freundin seiner Schwester derart, dass er überzeugt ist, Allah habe sie ihm als seine Ehefrau geschickt.

Und dann sind da noch Alexanders Eltern, die nach dem Fund von eindeutigen Büchern – „Islam für Dummies“ – in ihrem Sohn schon einen radikalisierten Muslim vermuten und ihn mit Schweinsbraten und Sauerkraut konfrontieren. „Mein Sohn isst Schweinefleisch! Der schönste Tag meines Lebens!“

Regisseur Michael Niavarani hat für das Landestheater den französischen Spielfilm Cherchez la femme von Sou Abadi für die Bühne bearbeitet und mit Anspielungen auf die österreichische Asylpolitik und das viel diskutierte Verhüllungsverbot ergänzt. Der Meister des Kabaretts zeigt bei dieser Coproduktion mit dem Globe Wien und dem Theater im Park am Belvedere einmal mehr sein Können: temporeiche, pointierte Dialoge gepaart mit Slapstick-Szenen und gestenreichem Schauspiel sorgen im Bühnenbild von Eva Musil für einen überaus kurzweiligen und amüsanten Theaterabend, bei dem dennoch der Tiefgang nicht fehlt. Denn es werden auch viele ernste Themen mitverhandelt: Recht und Religion, Asyl, Vorurteile, Feminismus, Freiheit und Radikalisierung.

Die Auflösung geht am Ende ein wenig zu schnell über die Bühne, aber nach einem derart vergnüglichen Theaterabend lässt sich darüber hinwegsehen – das scheint auch das Premierenpublikum so zu sehen, welches das Ensemble rund um Regisseur Michael Niavarani mit begeistertem Applaus verabschiedet.

Manche mögen’s voll verschleiert – Aufführungen von 22. März bis 29. April – www.salzburger-landestheater.at
Bilder: LT / Tobias Witzgall