Robert, oh mein Robert
SCHAUSPIELHAUS / REIGEN
02/02/20 Arthur Schnitzler hat mit seinem Reigen vor rund hundert Jahren einen riesigen Theaterskandal ausgelöst. Der wird sich nach der Premiere im Schauspielhaus Salzburg am Samstag (1.2.) ganz bestimmt nicht wiederholen.
Von Werner Thuswaldner
Aber dafür, dass die eine oder der andere des zu einer treuen Gemeinde verschmolzenen Premierenpublikums rote Ohren bekam, reicht die Inszenierung Anne Simons allemal aus. Ein bisschen anrüchig ist der Reigen immer noch. Wenn auch kein Tabu mehr da ist, das heutzutage noch gebrochen werden könnte.
Die zehn erotischen Dialoge sind so gebaut, dass ein Darstellerin oder ein Darsteller aus der jeweiligen Szene – sie repräsentieren alle eine bestimmte gesellschaftliche Schicht – an die Nächste weitergereicht wird. Als erste sind der Soldat und die Dirne an der Reihe. Und eben dieser Dirne gehört, womit sich der Kreis schließt, die letzte Szene, in der ein Graf ihr Partner ist. Der Experte Schnitzler zeigte, dass an der Liebe für den Augenblick etwas dran sein könnte, dass aber Betrug und Betrogenwerden das Hauptmotiv sind. Bei der Frage, wer sich in diesem Spiel lächerlicher aufführt, die Frauen oder die Männer, bekommen die Frauen ein leichtes Übergewicht. Was ruft eine Frau im Augenblick höchster Verzückung? Natürlich „Robert, oh Robert!“
In den hundert Jahren seit der Uraufführung hat sich viel geändert, weshalb der Versuch der Übertragung des Stücks in die Gegenwart fragwürdig erscheinen muss. Die vom Schauspielhaus gezeigte, stark gekürzte Version nimmt sich sämtliche Freiheiten dieser Welt. Sie findet für die vielen Rollen mit zwei Darstellerinnen und zwei Darstellern das Auslangen. Das führt dazu, dass die einzelnen Charaktere nicht scharf genug voneinander abgegrenzt sind. Verschiedene Perücken helfen nicht ausreichend. Am starken, mutigen Ensemble, bestehend aus Simon Jaritz-Rudle, Magdalena Oettl, Bülent Özdil und Tilla Rath liegt es nicht. Vor allem eine Schnitzler-Qualität kommt unter die Räder: das genüssliche Auskosten der Sprachmelodie, die dazu da ist, Verlogenheit auszudrücken.
Jede der Szenen läuft daraus hinaus, dass es zum Liebesakt kommt. Schnitzler blendet an dieser Stelle jeweils aus. Das tut Anne Simons Inszenierung nicht. Und dies obwohl Isabel Grafs Bühnenbild gar kein Liegemöbel vorsieht. Sie markiert ein Halbrund, begrenzt von grauen Vorhängen, die den ganzen Abend viel hin und her geschoben werden.