Die Quadratur des Kreises

KLEINES THEATER / CHARLY RABANSER / THEATERMACHER

11/1/19 Ein Theatermacher darf Theater machen – und will es nicht. Ein Theatermacher will Theater machen – und darf es nicht. Auf die Verweigerung der Rechte an Thomas Bernhards Der Theatermacher durch den Suhrkamp Verlag inszeniert Charly Rabanser eine Persiflage einer Persiflage.

Von Franz Jäger-Waldau

Charly Rabanser ist mit einer Parodie auf Thomas Bernhards Stück Der Theatermacher – wohl ähnlich wie Bernhard selbst – in Salzburg zur falschen Zeit am falschen Ort.

„Sehr geehrter Herr Rabanser, leider können wir Ihnen die Aufführungsrechte nicht erteilen. Aufgrund einer Verfügung der Rechteinhaber darf Der Theatermacher von Thomas Bernhard in Österreich nur noch von professionellen Schauspielern aufgeführt werden“, lautete die offizielle Absage des Suhrkamp Verlags an Rabanser.

Gescheiterte Selektion verlangt Adaptation: Von Rabansers Feder zugegeben kühn geführt entspringt eine persiflierende Variante mit dem Titel Der Theatermacher, der zwar sein Lebtag lang Theater macht, aber nicht den Theatermacher machen darf. Ein Name, an dem bereits die passiv-aggressive Stimmung des Stücks anklingt, mit dem aber auch der Körper eines Vom-Leib-Geschriebenen formiert wird. Vorbehalten, dass meist der danach unbeschriebene Leib sich im Grad an Grazie von dem Vom-Leib-Geschriebenen unterscheidet.

Der exaltierte Schauspieler und Protagonist Carlo Tomaso Bernhardi (Charly Rabanser) rezitiert seitenlang über die Sprachlosigkeit des verwirrten Wirtes (Christoph Auer). Dem Text sind Bernhard-Referenzen nicht unbedingt subtil eingezwungen: Ein Gasthof „Zum Weißen Lamm“ (statt „Schwarzer Hirsch“), Frittatensuppe (statt Nudelsuppe), eine Bruscon-Apotheose und eine wenig erhellende Notlichtdebatte. Dafür streicht Rabanser die Requisite. Bei der Inszenierung handelt es sich nämlich, wie aus der Randnotiz augenscheinlich hervorgeht, um eine szenische Lesung.

Die Intimität eines Kammerstücks, die zart von den kleinsten Details im Zusammenspiel zweier Figuren geflochten wird, bricht erstarrt zwischen den in den Zeilen verstecken Augenpaaren. Der Nebentext wird von dem Pianisten (Martin Gasselsberger) gelesen; ein Pianist, der zweifellos ein begabter Pianist ist – und eben kein Schauspieler. Diese darstellerische Verengung ermutigt die Frage, ob eine Parodie nicht angehalten ist, zumindest technisch nicht hinter ihrem Vorbild zurückzufallen. Denn sonst beißt sich beim Quadrieren des Kreises die Schlange selbst in den Schwanz - und demonstriert irrtümlich eher die Begründetheit des Suhrkamp-Richtspruches.

Vielleicht ist Rabansers Theatermacher aber auch eine angebrachte Kritik an der Lebensfremdheit der zeitgenössischen Theaterwelt. Aufrichtig amüsante Passagen des Protagonisten spielen zweifellos auf die Dichotomie zwischen Rezeption und Produktion an: „Die Suppe muss bereits vor der Vorstellung hinter der Bühne sein. Heiß! Sonst muss ich die Louvre-Szene streichen.“ Wie Bernhard wettert Bernardi gegen ein bisschen was von allem; Stadt, Land, Theater, Kleinbürgertum, Großbürgertum - will aber (im Gegensatz zu Bernhard) heimlich Teil von ihnen allen sein. Wenn Bernhard seinen Witz hinter dem Ernst verstecken kann, kann Bernardi seinen Ernst nicht hinter dem Witz verstecken.

„Scheiß Nachlass“ – letzte Worte als letzte Rückhand gegen Bernhard. Wie Rabanser danach selbst zugesteht, ist das Stück offensichtlich eher einem Landpublikum gewidmet: „Es ist wirklich hart, Kultur am Land zu machen“, seine Klage bleibt unerhört, denn nicht viel weicher landet das um sich schlagende Stück in der Kulturmetropole Salzburg, Neustadt.

Informationen Termine Details - www.kleinestheater.at
Bilder: Kleines Theater / Leo Fellinger