Der Preis ewiger Jugend
SCHAUSPIELHAUS SALZBURG / DAS BILDNIS DES DORIAN GRAY
22/09/17 Die Geschichte des Schönlings Dorian Gray, dessen Wunsch, sein Porträt möge an seiner Stelle altern, ihn schließlich zur Selbstzerstörung treibt, ist weithin bekannt. Ein ganz moderner und zeitgenössischer Dorian Gray ist aktuell im Schauspielhaus zu erleben.
VON VERENA RESCH
Eine weiße Wand mit zahlreichen Leuchtstoffröhren, davor ein schwarzes Ledersofa samt Hocker, sowie ein Minikühlschrank, der für unerschöpflichen Nachschub an Champagner sorgt. So das relativ schlicht gehaltene Bühnenbild zum dramatisierten „Bildnis des Dorian Gray", das am Donnerstag(21.9.) seine Premiere im Schauspielhaus feierte. Die Bühne erinnert an ein modernes Loft unserer Zeit und spiegelt das offenbar vorranginge Bestreben dieser Inszenierung zu zeigen, dass Genusssucht, Oberflächlichkeit und Streben nach ewiger Jugend auch heute keine Fremdwörter sind. Der Stoff ist aktueller denn je.
Wie in Oscar Wildes Romanvorlage steht auch hier die Dreieckskonstellation Lord Wotton – Basil – Dorian am Beginn. Der Maler Basil hat ein Porträt des schönen jungen Mannes gemalt, woraufhin Wotton diesen Mann kennen lernen möchte. Basil fürchtet jedoch bereits den schlechten Einfluss, den dieser auf Dorian haben wird. Ansonsten wurden Wildes Figuren stark reduziert, neben den dreien treten noch Harrys Kusine, Sibyl und ihr Bruder auf, jedoch ohne dass dem Stoff Wesentliches genommen würde.
„Jugend ist das einzige, was zu besitzen sich lohnt. Wenn ich merke, dass ich alt werde, bringe ich mich um." Zwar fließt Champagner in Strömen, Austern werden geschlürft und exzessive Shoppingtouren gemacht, doch im Mittelpunkt der Inszenierung steht klar der Jugendwahn. Die Verkörperung des dekadenten Lebens schlechthin ist Lord Wotton (Simon Jaritz). Mit pointierten Bemerkungen formuliert er Maximen dieses Lebensstils: „Das einzige, was man nicht bereut, sind die eigenen Fehler!". Er sorgt damit beim Publikum für so manches Lachen, legt damit jedoch auch Gewissenlosigkeit und fehlende Moral offen.
Farbkleckse und -spritzer an Rock- und Hosensäumen scheinen ebenfalls Zeichen für die Künstlichkeit dieser Gesellschaft zu sein. Ein Gegenpol – wenn auch nicht völlig frei von Lastern – ist der Maler Basil, der passenderweise immer wieder auch als eine Art Erzählerfigur auftritt.
Eine tolle darstellerische Leistung bringt Jan Walter in der Titelrolle des Dorian, dem anfangs noch unschuldig scheinenden Adonis. Der erste deutliche Bruch wird nach dem Selbstmord seiner Verlobten Sibyl bemerkbar. Ihr Tod bekümmert ihn nicht lange, er vergleicht ihn mit der „schrecklichen Schönheit einer griechischen Tragödie". Dorian wird der skandalumwobene Mittelpunkt der Gesellschaft, ehe er immer mehr dem Wahnsinn verfällt. Die Toten – Sibyl, ihr Bruder und Basil – verfolgen ihn, umhüllt von Nebelschwaden. Wechselnde Lichteffekte und Chaos auf der Bühne unterstreichen den Wahnsinn, ehe schließlich der endgültige Zusammenbruch kommt und Dorian sein Porträt zerstört. Dem Team um Regisseurin Charlotte Koppenhöfer ist eine Inszenierung gelungen, die die Geschichte des Dorian Gray in ein aktuelles Setting verlegt, ohne den Stoff zu verfremden oder dabei an Überzeugungskraft einzubüßen.