Übertreibung einerseits – Wahrheiten andrerseits

SALZBURGER STRASSENTHEATER / DER VORNAME

23/07/17 Mehr Glück mit dem Wetter hatte am Freitag (21.7.) die Premiere des Straßentheaters als jene des „Jedermann“. Sie konnte am späten Nachmittag im Hof der Stiegl-Brauerei bei besten Wetterverhältnissen stattfinden. Nicht nur in dieser Hinsicht waren die Unterschiede zwischen den beiden Darbietungen krass.

Von Werner Thuswaldner

Die Gesellschaftskomödie „Der Vorname“ von dem französischen Autorenduo Matthieu Delaporte/Alexandre de la Pattelliere musste nicht erst „modernisiert“ werden, sie ist erst paar Jahre alt und spielt in unserer Zeit. Georg Clementi, seit dem Vorjahr Leiter des Straßentheaters, ist ihr allerdings mit erheblichen Kürzungen zu Leibe gerückt. Er spielt die Hauptrolle und ist zugleich auch der gut gelaunte Verbindungsmann zwischen Bühne und Publikum. Gezeigt wird ein Treffen zwischen zwei befreundeten Ehepaaren und einem Musiker, der zunächst als Außenseiter erscheint. Man unterhält sich in spritzigen Dialogen, die typisch sind für Alt-Achtundsechziger. Sie halten sich für überaus aufgeklärt und gesinnungsstark. Die beiden Autoren sind aber offensichtlich anderer Meinung. Tatsächlich demaskieren sich die scheinbar liberal-fortschrittlichen Intellektuellen als biedere Figuren von der alten Sorte.

Schnell verstricken sie sich in eine heftige Diskussion, die dadurch ausgelöst wird, dass ein werdender Vater das noch ungeborene Baby „Adolf“ nennen will. Die anderen fallen über ihn her und lassen seine Verteidigung, dass das Vorbild nicht Hitler, sondern ein berühmter französischer Romantiker sei und dessen Vorname „Adolphe“ geschrieben werde, kein bisschen gelten.

Clementi beschränkt als Regisseur das Spiel nicht bloß auf den Thespiskarren, wo Ausstatter Andreas Lungenschmid das zweigeschossige Interieur einer Wohnung aufgebaut hat, sondern – ein kluger Gedanke – er verlagert es auch in den Garten vor dem Haus. Die Darsteller haben viel Raum zur Bewegung, wenn sie, getrieben von ihren Emotionen, durch die Gegend toben. Es ist zwar ein Treffen von Freunden, aber die gehen in ihren Auseinandersetzungen oft sehr weit – bis zur Tätlichkeit mit blutenden Folgen – und schenken sich gegenseitig nichts.

Die Komödie lebt von prägnanten Typen, die dafür sorgen, dass der Ablauf mit seinen überraschenden Hakenschlägen Schlag auf Schlag geht. Dafür ist in Clementis Inszenierung gesorgt. Er selbst trägt dazu als Darsteller eine Menge bei. Nicht minder wird das Geschehen durch Anja Clementi mit ihrer sprachlichen Wendigkeit aufgemöbelt. Und Susanne Seibel – mit dem zu gebärenden „Adolf“ im Bauch – hält mit Temperamentsausbrüchen ohne weiteres mit. Mit Mitgefühl kann Alex Linse rechnen, der eine verblüffende Wende herbeiführt. Detlef Trippel ist ein sympathischer Charakter, der, obwohl besserwisserisch, immer wieder eines auf die Mütze kriegt.

Eines wird in aller Deutlichkeit klar: Die Männer bekommen ihr Fett weg. Gockelhaftes Getue und intellektuelle Selbstgefälligkeit haben keine Chance. Daher hat diese Komödie nicht bloß Unterhaltungswert, sondern auch gehörige Schärfe.

Höchst angenehm klingen die Chansons von Eric Lebeau – mit ihrer Poesie und einem versöhnlichen Grundton.
Aufführungen bis 13. August in Stadt und Land Salzburg. Der Spielplan zum Downloadwww.strassen.theater
Bilder: Salzburger Kulturvereinigung / Birgit Probst