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Das Labyrinth ist immer noch das sicherste

UNIVERSITÄT MOZARTEUM / LA FINTA GIARDINIERA

04/05/16 Der gerade Weg führt durch das Labyrinth. Zumindest, wenn es um Herzens-Angelegenheiten geht. Und das sind immer noch die Wichtigsten - egal ob in tändelndem Rokoko oder nüchterner Gegenwart. „La finta giardiniera“, die jüngste Produktion des Departments für Musiktheater am Mozarteum, führt zielsicher durch beide Welten.

Von Heidemarie Klabacher

Ein Labyrinth gehörte in Barock und Rokoko in jeden besseren Schlossgarten. Da und dort sind die Hecken- und sonstigen Labyrinthe noch erhalten. Im Kopf bevölkert man sie als heutiger Besucher mit Damen im Reifrock und Herren mit Schnallenschuhen.

Im Großen Studio der Universtität Mozarteum ist das Labyrinth als garten-architektonisches Detail zur Welt geworden, in der Liebende aller Stände auf verschlungenen Wegen ihren teils recht wirren Gefühlen folgen. Welcher Liebesteufel reitet Arminda, dass sie ihre Nebenbuhlerin Sandrina (die als Gärtnerin sich verdingende Marchesa Violante) gleich gar entführen und in der Wildnis aussetzen lässt?

Welcher Teufel der Selbstzweifel und Unsicherheit reitet den Contino Belfiore, der glaubt, seine Geliebte Violante im Streit erdolcht zu haben, und als tänzelnder Arme fuchtelnder und Zehen spitzender Pfau daherkommt. Dass alles gespreitze Gehabe nur Maske ist – und verdammt anstrengend durchzuhalten –, zeigte der hervorrgagende Tenor Shan Huang in der Rolle des Contino Belfiore sehr anschaulich. Wenn keiner da ist, bewegt er sich ganz normal (am Schluss nimmt er sogar die dumme Perücke ab). Aber kaum hat er Publikum – besonders wenn es eine Liebhabers-Anwärterin ist – versteigen sich die stoffreich umhüllten Arme zu absurden Positionen, perfekten Zitaten aus dem Bewegungsrepertorie des Barock-Tanzes.

Die Opernproduktionen der Universität Mozarteum gehören zum Reizvollsten, das die Salzburger Kulturszene zu bieten hat. Mit der Produktion von Mozarts Dramma giocoso „La finta giardiniera“ – gespielt wird ein Arrangement für Kammerorchester in der bläser-reich instrumentierten „Námêster Fassung“ – hat sich das wieder einmal bestätigt.

Die szenische Leitung hat Hermann Keckeis, der sich mit dieser überzeugenden Produktion in die Emeritierung verabschiedet. Die ebenso geradlinige wie labyrinthische Bühne ist von Elisabeth Wegener. Die feinen, anspielungsreich historische Kostüme zitierenden und persiflierenden Gewänder sind von Dejana Rados. Es spielt das Kammerorchester der Universität Mozarteum unter der Leitung von Gernot Sahler. Die Streicherbesetzung ist auf ein Quintett reduziert worden, was da und dort – etwa in der großen Eifersuchtsarie der Arminda – zu nicht unerheblichen Intonationsproblemen geführt, den musikantisch vorwärts drängenden, klangrednerisch phrasierenden Grundduktus aber nicht im Geringsten gestört hat.

Das Libretto von Giuseppe Petrosellini ist beim Durchlesen der Inhaltsangabe immer wieder verwirrend. Am Ende jedenfalls „kriegen“ sich die Richtigen, nur der arme Amtmann Podesta, in dessen Garten sich alles abspielt, steht alleine da. Das klare Labyrinth wird im dramatischen Finale im Wortsinn „aufgebrochen“ und als bedrohliche Felsenlandschaft zum eindrucksvollen Bild innerer Zerrissenheit. – Die Symbiose von Bühnenbild und Personenregie macht aus der scheinbar lieblich-harmlosen „Finta“ eine ausgewachsene Psycho-Oper.

Die Sängerbesetzung der Premiere am Dienstag (3.5.) leistete in allen Rollen sängerisch und darstellerisch Hervorragendes. Department für Musiktheater „at his best“ sozusagen. Den Podesta gab der hinreißend spielende und berührend schön und klangfarbenreich singende Santiago Sánchez. Sein Podesta ist zwar ein wenig schrullig, aber er ist kein Tölpel, sondern ein trauriger Liebender, der leer ausgeht. Wie hoffnungsfroh er immer wieder die zu seiner eigenen Weste passenden roten Samtschuhe für Sabrina daherbringt…
Elise Efremov singt die Sandrina virtuos, die „Gärtnerin aus Liebe“, deren Hand selbst in ärgster Bedrängnis noch liebevoll über die „Blumen“ streift. Der Belfiore des Tenores Shan Huang ist ein überzeugendes Psychogramm eines unsicheren Menschen, dessen Stimmführung es aber nicht an Sicherheit und Klangschönheit mangelt. Die Arminda der Sopranistin Anna Samokhina ist eine geradezu gemeingefährliche Zicke, ihr Liebhaber Ramiro - souverän in der eher kleineren Hosenrolle ist Irina Maltseva - wird als Ehemann nichts zu lachen haben. Die Dienerin Serpetta, gesungen von Eliana Piedrahita, und der Gärtner-Diener Nardo, gesungen von Gunnar Nieland, finden als „niederes Paar“ auf höchstem sängerischen Niveau zusammen.

Weitere Aufführungen Mittwoch (4.5.) und Freitag (6.5.) jeweils 19 Uhr, sowie Samstag (7.5.) 17 Uhr im Großen Studio der Universität Mozarteum - www.uni-mozarteum.at
Bilder: UnivMoz/Christian Schneider

 

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