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Glucks genug

GLUCK GESAMTAUSGABE / BALLETT

17/11/10 Er gilt als der große Opern-Reformator, aber so richtig bekannt ist doch nur „Orpheus und Eurydike“. Und selbst aus dieser Oper können die Spatzen  höchstens eine einzige Nummer von den Dächern pfeifen: „Ach, ich habe sie verloren…“. Dennoch gibt es viel mehr von Christoph Willibald Gluck, als diese traurig schöne Liebesgeschichte.

Von Heidemarie Klabacher

Soviel sogar, dass das Oeuvre seit 1966 eine Gesamtausgabe füllt. Zwei Bände gelten allein der Gluck’schen Ballettmusik - und die ist besonders unbekannt. Dabei ist das „Don Juan-Ballett“ von Gluck bereits 1966 im ersten Ballett-Band der Gesamtausgabe erschienen. Aber gut Ding braucht eben Weile: keine 44 Jahre später - nämlich heute Mittwoch (17.11.) - wurde der zweite Ballett-Band vorgestellt.

Darin enthalten ist das Ballett „Amours d´Alexandre et de Roxane“ und eine völlige Neu-Ausgabe des Balletts „Don Juan“: „Das ist eines der wichtigsten überlieferten Ballette des 18. Jahrhunderts. Die Neuausgabe hat bereits vor der Veröffentlichung das Interesse etwa von Marc Minkowski erregt“, so die Herausgeberin Irene Brandenburg. Sie hofft, dass die Neuausgabe auch „Eingang in das musikalische und szenische Repertoire finden wird“.

Wie das aussehen könnte - Ballett auf allerneuestem Forschungsstand quasi - zeigte der Ballettstar Rainer Krenstetter bei der Präsentation im Kardinal-Schwarzenberg-Haus: Die Paris-Lodron-Universität Salzburg und die NÜRNBERGER Versicherung haben zur dritten „Gluck-Matinee“ geladen. Rainer Krenstetter,  Solist des Staatsballetts Berlin, tanzte drei Szenen aus „Don Juan“. Der Pianist Thomas Hauschka hat die „Sinfonia“ und andere Teile aus dem „weitgehend unbekannten“ Alexandre-Ballett gespielt.

Seit 1966 ist die Editionsleitung der Gluck-Gesamtausgabe am Institut für Musikwissenschaft der Universität Salzburg beheimatet. Die Herausgeberinnen Irene Brandenburg und Sibylle Dahms haben nun also den Band "Don Juan/Les Amours d´Alexandre et de Roxane" (GGA II/2) vorgestellt.

Die „historisierende Visualisierung“ der drei Szenen aus Don Juan durch Rainer Krenstetter basiert auf historischen Tanzbüchern: Claudia Jeschke (Ordinaria für Tanzwissenschaft an der Universität Salzburg)und Sibylle Dahms (Leiterin der Gluck-Gesamtausgabe Forschungsstelle Salzburg und ehemalige Leiterin der Derra de Moroda Dance Archives) haben die Choreographie gemeinsam mit dem Tänzer entwickelt.

Ein bewährtes Team, das schon im Mozartjahr 2006 zusammengearbeitet hat: Da tanzte Rainer Krennstetter die „Chaconne“ aus Mozarts "Idomeneo". Tanz-Freaks erinnern sich an diese ebenso artifizielle wie sinnliche Performance im brandneuen „Haus für Mozart“. Dorothea Nicolai, die ehemalige Leiterin der Abteilung Kostüm und Maske der Salzburger Festspiele, hat zwei aufwändige Tanz-Kostüme nach Vorlagen aus dem 18. Jahrhundert dafür geschaffen.

Was hat Gluck eigentlich mit Salzburg zu tun?

Christoph Willibald Gluck (1714-1787) lebte und wirkte viele Jahre lang in Wien. „Die Erforschung dieses tanz- und theatergeschichtlichen Umfeldes“ sei eine der Kernkompetenzen der Forschungsstelle Salzburg der Gluck-Gesamtausgabe: Die Leiterinnen Sibylle Dahms und Claudia Jeschke gelten als international anerkannte Spezialistinnen im Bereich des Musik- bzw. Tanztheaters. Die Forschungsstelle ist mit der Abteilung Musik- und Tanzwissenschaft der Universität und mit dem Derra de Moroda Dance Archives, einem der weltweit wichtigsten Forschungsarchive für Tanzgeschichte, eng verbunden. Daher setzt die Gluck-Forschung in Salzburg einen ihrer Schwerpunkte auf die Tanzdramen Glucks.

Während Gluck als Opernkomponist vor allem mit seinen bekanntesten Werken "Orfeo ed Euridice", "Alceste" oder den beiden Iphigenien-Opern weithin gewürdigt wird, sei, so die Wissenschaftlerinnen, „weniger bekannt, dass ein wesentlicher Teil seiner Reform-Bemühungen in den 1750er und 60er Jahren dem Tanztheater galt“. Gluck arbeitete eng mit den beiden maßgeblichen Tänzern, Choreographen und Tanztheoretikern des 18. Jahrhunderts, Gasparo Angiolini (1731-1803) und Jean Georges Noverre (1727-1810), zusammen. Einerseits schrieb er Musik für von Angiolini entworfene Ballette, andererseits stammen die für Glucks Theaterkonzept wichtigen Choreographien von Balletten in seinen Opern vor allem von Noverre.

In Salzburg seien bereits bedeutende Beiträge zur Grundlagenforschung geleistet worden, etwa in Hinblick auf die Erschließung großer Quellenbestände im Schwarzenberg-Archiv in Ceský Krumlov (Tschechien) und die Zuschreibung von Balletten an Gluck.


 

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