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Lachen über eine zu komplizierte Welt

EDITTA BRAUN COMPANY / ALLES ANDERS

03/03/23 „Wir erzählen dem Publikum von unserer Ratlosigkeit, lassen dann aber die im Raum schwebenden großen Fragezeichen sich in dynamischem Tanz auflösen.“ Mit Alles anders auf der Szene Salzburg versucht die Editta Braun Company auf eine viel zu große Welt mit zu vielen Überforderungen zu reagieren. Humor und Selbstironie sind gute Wege zur Selbsttherapie.

Von Reinhard Kriechbaum

Zuerst scheinen die „im Raum schwebenden Fragezeichen“ durchaus geerdet: Aus trockenen braunen Blättern sind ein Quadrat und zwei Dreiecke gelegt, präzis ausgeleuchtet. Die Ordnung ist aber allzu rasch perdü, wie beiläufig beiseite gewischt oder durch tänzerischen Luftzug in alle Himmelsrichtungen verwirbelt.

Editta Braun hat am Beginn der Vorstellung versichert, dass es eine Improvisation sei, angeblich mit Beteiligung des Publikums. „Aber kein Mitmach-Theater“, betonte sie. Die Beteiligung unsrerseits hat sich überhaupt nicht erschlossen. Haben die sechs Akteurinnen und Akteure womöglich die Mienen der Zuschauerinnen und Zuschauer zu lesen versucht und daraus für sich etwas abgeleitet? Wenn's so war, dann müssen wir, das Publikum, wohl mehrheitlich urkomisch dreingeschaut haben. Denn der Slapstick ist an diesem kurzen Abend nicht zu kurz gekommen. Und der Humor ist's wohl, der ganz viel dabei hilft, allen Tort unserer Welt und den uneingelösten Anspruch von Tanztheater unbeschadet zu überstehen.

Zum Lachen gab's also viel, denn wenn etwas diese sechsköpfigen Gruppe in dieser Produktion auszeichnet, dann die Fähigkeit, sich selbst nicht tierisch ernst zu nehmen. Da kann sich aus einem Pas de trois schon eine heillos verschlungene Figur aus Gliedmaßen ergeben, in der eine Hand nicht mehr zu wissen scheint, wem welches Bein gehört. Ein drolliger Wirrwarr, den Editta Braun spontan kommentiert mit: „Mir fällt a nix ein.“

Man muss warten, bis die nächste Idee kommt, sagt sie, ebenfalls ans Publikum gewandt. Lange warten braucht man nicht, die Ideen scheinen zu sprudeln.

Die Rolle von Editta Braun ist nicht ganz eindeutig definiert. Eigentlich ist ihr Platz aneinem Tisch seitwärts, wo sie die Musik von Thierry Zaboitzeff ein- und ausschaltet. Ihre Zurufe an die Gruppe (zwei Männer, vier Frauen) oder an einzelne Protagonisten sind wohl als spontane Impulse oder Handlungsanweisungen zu verstehen. Aber es kann schon auch vorkommen, dass die Choreographin aufspringt und sich kurz einmengt ins Gemenge. Oder sie läuft herbei, um das eine oder andere Requisit, sei's ein Hut oder ein Klappsessel, aus dem Weg zu räumen.

 

Im Lauf der Zeit bekommen alle sechs – Marcin Denkiewicz, Martyna Lorenc, Nikola Majtanova, Leon Marič, Rosana Ribeiro, Jerca Rožnik Novak – auch Raum für vifrtuose Solodarbietungen, mit denen sie dann andere herausfordern.Schwer einzuschätzen, was da tatsächlich freie Improvisation, ein spontanes Zusammensetzen vorgeprobter Puzzle-Teile oder dann doch ein Aneinanderfügen schlüssiger Sequenzen ist. Dass die Editta Braun Company körpersprachlich und bewegungsartistisch toll drauf ist, bestätigt sich wieder einmal. Wahrscheinlich sind diese sechs Leute ja so perfekt miteinander vertraut, dass auch das Improvisatorische in quasi vorgefertigte Szenen mündet. Aber das kann man nur vermuten, nichts ist gewiss, womöglich eben Alles anders.

„Wir begegnen der Instabilität mit spontanem Handeln, unserer Unsicherheit mit Transparenz, allgemeinem Stillstand mit überhöhter Phantasie. Humor und Absurdität helfen uns aus der Not“, heißt es auf der Homepage über die „surprise performance“. Thema getroffen.

Eine Aufführung noch heute Freitag um 19 Uhr in der Szene Salzburg – www.szene-salzburg.net; www.editta-braun.com
Bilder: Szene / Bettina Frenzel

 

 

 

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