Fünf vor Zwölf auf dem Zauberberg

BAD GASTEIN / RENOVIERUNG

24/02/21 Etwas so Einzigartiges über Jahrzehnte so dermaßen vergammeln zu lassen, ist europaweit wohl einzigartig. Nun scheint sich doch was zum Besseren zu bewegen: „Im Herzen von Bad Gastein haben die Bau- und Renovierungs-Arbeiten für das historische Gebäudeensemble am Straubingerplatz begonnen – angesichts der langen Vorgeschichte ein historischer Schritt.“

Von Heidemarie Klabacher

Es wäre Österreichs „Zauberberg“. Und doch hat es Bad Gastein, statt zum Weltruhm eines schweizerischen Davos nur als Ruine der Spekulanten in die Zeitungen gebracht. Nun soll es, in letzter Sekunde, Wiedergutmachung und Rettung im unschätzbaren Bauerbe geben: „Nach den ,Goldenen Zeiten‘ folgte eine lange Phase des Stillstandes. Jetzt geht es wieder bergauf“, sagt Landeshauptmann Wilfried Haslauer über den nun vertraglich auf den Weg gebrachten Umbau des früheren Hotels Straubinger, des ehemaligen Badeschlosses und des Alten Postamts in Bad Gastein.

Das Land Salzburg hatte die drei historischen Gebäude 2017 „vorübergehend erworben“, um sie nach nur einem Jahr im Herbst 2018 an die Hirmer-Gruppe zu verkaufen, welche konkrete Pläne für das Ensemble vorlegte. Nach Abschluss der denkmal-, bau- und gewerbebehördlichen Verfahren ist es nun soweit: Im Frühjahr beginnen nach der „Entkernung der Bestandsgebäude“ die Bauarbeiten für den Zubau sowie die Instandsetzung im Hotel Straubinger, meldet das Land Salzburg. Die Eröffnung des Gebäudeensembles ist für 2023 geplant. Vom Bundesdenkmalamt sei die Ermunterung gekommen, „das Ortsbild neu zu denken“. Das werde man tun, sagt der Bad Gasteiner Bürgermeister Gerhard Steinbauer.

Es ist eine, hinlänglich bekannte, wenig rühmliche Saga: Das Hotel Straubinger wurde 1999 aus einer Konkursmasse, das ehemalige Postgebäude und das Badeschloss ein Jahr später vom Bund an Franz Duval verkauft. 2004 erwarb Duval zusätzlich das Haus Austria und das Kongresshaus. „Im Zentrum von Bad Gastein herrschte für rund zwanzig Jahre Stillstand, „der durch den Ankauf durch das Land Salzburg im November 2017 durchbrochen wurde“, heißt es in der Aussendung ein wenig euphemistisch. Immerhin: „Es war die Initialzündung für die weitere Entwicklung im Zentrum“, so Bürgermeister Steinbauer

Weil dieser besondere Platz in Bad Gastein „so geschichtsträchtig ist“, erfolgten alle Arbeiten in Kooperation mit dem Bundesdenkmalamt und in Abstimmung mit der Gemeinde, betont Architekt Erich Bernard: „Für uns ist es wichtig, mit den Spuren und Schichten der Vergangenheit zu arbeiten und nicht gegen sie. Von ihnen geht der Charme und besondere Reiz aus, der historische Gebäude anziehend macht und ihnen einen besonderen Wert verleiht“. Auch an die Bad Gasteiner Bevölkerung habe man gedacht, ein „Ort der Begegnung“ werde entstehen. Die Restaurants und Bars der Hotels sowie der Concept Store in der Alten Post sollen künftig „auch für externe Gäste zugänglich sein“.

Die Revitalisierung des Ensembles im Zentrum von Bad Gastein ist für Landeskonservatorin Eva Hody vom Bundesdenkmalamt der Neubeginn für „eines der bemerkenswertesten Zeugnisse des mondänen Kurtourismus“: „Die drei denkmalgeschützten Gebäude aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg waren durch ihren fortschreitenden Niedergang eine Belastung für das gesamte historische Zentrum des Weltkurortes und eine dauernde Mahnung, welche fatalen Folgen fehlende Nutzung und mangelnde Wartung selbst für baulich intakte Gebäude haben können“, so Hody. Das Renovierungsprojekt ermögliche das Wiederaufleben dreier bedeutender Baudenkmale „in einem der traditionsreichsten touristischen Zentren des Landes“.

Das als Fünf-Sterne-Haus konzipierte Hotel Straubinger werde fünfzig Zimmeru mfassen und „nahe am ursprünglichen Stil des Hauses“ revitalisiert. Über dem ehemaligen Thermal-Bädertrakt soll ein Infinity-Pool entstehen. Die Werbesprüche scheinen – es klingt nach „19. Jahrhundert mit Zeitgeist“ – schon fertig gedichtet zu sein: „Das kosmopolitisch ausgerichtete Badeschloss wird künftig über rund hundert Zimmer verfügen. Das Thema Badekultur prägt das gesamte Erscheinungsbild des zukünftigen 4-Sterne-Superior-Hotels und so entsteht als Highlight ein Rooftop-Spa mit einem Pool, dessen Einstieg als Glaskristall die einmalige Kulisse würdig in Szene setzt.“ Bad Gastein wird wohl auch das verkraften. Müssen. Hochhäuser prägen ja das Ortsbild seit jeher. Ob der neue Turm ein architektonischer Gewinn sein wird? Misstrauen ist angesagt.

Bilder: dpk-klaba (3); BWM Architekten (1)
Zum Kommentar Architektur- und Wirtschaftsmuseum